27°38′ – 29°30′ nördliche Breite, 13°22′ – 18°11′ westliche Länge
Ahoi – um 2021 als Topophile glücklich zu beginnen „flüchtete“ ich Anfang Januar auf die Islas Canarias, auch Inseln der Glückseligen genannt, geologisch zu Afrika gehörend, biogeografisch zu Makaronesien ? – ich gebe zu, dass ich dies, eher in der tiefsten Südsee als in Europa verortet hätte, und politisch zu Spanien. Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen, sagte bereits Johann Wolfgang von Goethe. Jedenfalls liegt es im östlichen Zentralatlantik und besteht aus acht bewohnten und einigen unbewohnten Inseln, 100 bis 500 km westlich der marokkanischen Küste, und nochmals 1000 km mehr entfernt vom Mutterland.
Wie ein Fels in der Brandung begrüßt den Ankommenden im Hafen von Santa Cruz, auf Teneriffa, der größten der kanarischen Inseln, das gichtweiße skulpturale Auditorio von Calatrava.
Auf der kanarischen Flagge ist im Wappen zu sehen, das jede der sieben Hauptinseln „ihren“ Vulkanhügel hat. Der höchste Berg der Kanarischen Inseln und auch Spaniens ist der 3715 m hohe Pico del Teide auf Teneriffa, doch dazu mehr im nächsten Post meines Insel Hip Hop.
Die Inselgruppe, vor über 20 Millionen Jahren nach und nach aus gigantischen Unterwasservulkanen entstanden, befindet sich am Ostrand des Kanarischen Seebeckens, das steil bis in 6500 Meter Tiefe abfällt. Das Archipel verdankt seine Entstehung einem unter dem Meeresboden liegenden Hotspot. Eine Stelle innerhalb der Afrikanischen Erdplatte, an der heißes Magma aus den Tiefen der Erde aufsteigt. Die vulkanischen Aktivitäten halten mit ihren Ausbrüchen, unterirdischem Grollen, starken Erdbeben im 18. Jh auf Lanzarote, dem letzten auf La Palma 1971 bis in die heutige Zeit an: Im Herbst 2011 brodelte das Meer – wenige Kilometer südlich der Küste vor der Insel El Hierro entstand unter dem Meeresspiegel ein neuer Vulkan, dessen unterseeische Eruptionen sich erst ein halbes Jahr später nach 10.000 ! Beben wieder beruhigten. Wenn der Krater noch weitere 150 Meter wächst würde eine neue Kanarische Insel aus dem Meer ragen. Ein Paradies für Vulkanisten, Neptunisten und alle die den „Tanz auf dem Vulkan“ lieben. Eine Insel mit zwei Bergen
und dem tiefen, weiten Meer…
Die östlichen eher flachen Inseln Fuerteventura (22 Mio. Jahre), Lanzarote (15,5 Mio. ), Gran Canaria (14,5 Mio.) sind die ältesten, gefolgt von den westlichen: Teneriffa (12 Mio.), La Gomera (11 Mio.) und La Palma (2 Mio.) und El Hierro (1,2 Mio.), den feurigen Babys des Archipels.
Ich konnte mich selbst davon überzeugen wie hot die Inselerde immer noch ist, indem ich in Lanzarote einen heißen Kieselstein ins Erdreich legte, etwas Luft fächerte und sofort eine Feuerflamme aufstieg.
Über der Erde ist es meist eher angenehm als heiss, es herrscht das ganze Jahr ein subtropisches Klima aufgrund der Nähe zum nördlichen Wendekreis zwischen dem 27. und 29. Breitengrad, was dem Archipel den Beinamen Inseln des ewigen Frühlings eingebracht hat.
Der gleichbleibend kühle Kanarenstrom, Teil des Golfstroms, balanciert die Temperaturen, der Nordostpassat hält die heiße Luft aus der nahen Sahara fern und bringt an den Nordküsten, insbesondere auf den hohen westlichen Inseln, deren Nordosten durch starke Wolkenbildung an den Gebirgen deutlich feuchter und kühler ist als der Süden, Niederschläge. Diesen Januar regnete es soviel wie seit 10 Jahren nicht mehr, was die Insulaner sehr erleichterte, denn keine Touristen und kein Wasser führte bei Teilen der Bevölkerung zu Existenznöten.
Da die Höhenunterschiede im Vergleich zur Fläche meist sehr groß sind, gibt es auf den Inseln vertikale Klimazonen, von trocken-heißer Küstenwüste über Regenwälder bis hin zu kühl-trockenen Zonen mit Hochgebirgsklima und Schnee.
Feucht-kühl ist es in den verwunschenen, im sea of clouds schwebenden, Lorbeer Nebelwäldern, eine botanische Reise in die Vergangenheit des Tertiär, als der Laura silva noch einen großen Teil des Mittelmeerraumes bedeckte. Das Wolkenmeer ist eine horizontale Ansammlung von Stratokumuli auf einer Höhe zwischen 600 und 1500 Metern. Dabei entstehen Nebelschwaden, die beim Kontakt mit der Vegetation kondensieren, sich in Form von Tröpfchen lösen und zu Boden fallen. Dieses Wetterphänomen wird als „horizontaler Regen“ bezeichnet, ohne ihn gebe es nicht den immergrünen Feuchtwald (monteverde) auf den höheren Inseln.
Generell ist die Flora auf allen Inseln sehr artenreich, die Hälfte davon ist endemisch aber aufgrund von Topographie, Bodenbeschaffenheit und Mikroklima von Insel zu Insel unterschiedlich.
Eine der unzähligen ortsspezifischen Pflanzen ist die den Feuern der Vulkanausbrüche widerstehende Kanarische Kiefer, oft Flechten überwuchert, was immer ein Zeichen für sehr gute Luftqualität ist. Sie schützt ihre Knospen unter einer dicken Borke gegen die Flammen und treibt nach Ende des Brandes wie ein Phönix aus der Asche diese wieder aus dem schwarzverkohlten Stamm heraus.
Die Kiefern kämmen mit ihren langen, feinen Nadeln das horizontale Nass aus den Passatwolken aus und verdreifachen dadurch die lokale Niederschlagsmenge. Unter der vom Nebel eingehüllten Kiefer fallen ständig Wassertropfen zu Boden und durchfeuchten diesen. Nur wenige Meter entfernt, wo kein Baum den Boden abdeckt, ist der Boden trocken und staubig. Let us green and heal the earth !
Bis ins 15. Jh war der Archipel von Altkanariern, auch Guanchen (wie die Ureinwohner Teneriffas) genannt, Inselbevölkerungen, die sich in Sprache und Kultur unterschieden und keinen Kontakt zueinander hatten, bewohnt. Sie lebten überwiegend in Höhlen vulkanischen Ursprungs. Ihre Kultur wurde durch die spanische Eroberung ab dem 15 Jh. nahezu vernichtet. Jedoch stammt noch ein Drittel der heutigen Bevölkerung in weiblicher Linie von den Altkanariern, Berberstämme, die ab dem 3. Jh v. Chr. aus den römischen Kolonien Nordafrikas und Südspaniens übersiedelten, ab. Nachdem 476 Rom ex war und die aus Wüstenregionen kommenden Bewohner keine Kenntnisse von Schiffbau und Navigation besaßen, begann eine Zeit der Isolation bis die Kanarischen Inseln durch die Europäer im 14. Jh wiederentdeckt und kolonialisiert wurden.
Die Meerenge von Gibraltar bildete in der Antike die Grenze der bewohnten Welt. Dahinter, im äußersten Westen wo die Sonne unterging, lag die Welt der Finsternis. Dort im Atlantik vermuteten griechische Mythen die Elysischen Gefilde, auf denen von den Göttern geliebte Helden unsterblich lebten. Diese Gefilde waren die Inseln der Glückseligen. Vielleicht waren diese Vulkaninseln auch die Berggipfel des versunkenen Inselreich Atlantis, welches zwischen Afrika und Amerika gelegen und von Meeresgott Poseidon regiert worden sein soll. Atlantis, so heißt es, war weit mehr als nur ein schöner Ort – es war das Paradies auf Erden…
Während die Kanarischen Inseln im 14. bis 16. Jh hauptsächlich Ausgangspunkt eines Handels mit Afrika waren, wurden sie nach der (Wieder)Entdeckung Amerikas durch Columbus mit ihren Winden und Strömung eine ideale Brücke nach Amerika. Er machte auf La Gomera, der Isla Columbina, seine letzte Zwischenstation, bevor er am 6. September 1492 zu seiner Reise zu den Indias aufbrach…bei seiner zweiten Reise in die Neue Welt stach er bei günstigem Wind von El Hierro in See. Von dort aus findet alljährlich die Atlantic Challenge, ein Ruderwettbewerb über den Atlantik statt. Ich kenne auch so einen Extremsporttreibenden der sich das zumutete: Modern heroes.
Auf zu den Fortunatae Insulae. Genieße die Überfahrt ohne Orkane, bis zu 20 Meter hohen Wellen oder Starkregen – sanft schaukelt die See, wie die Mutter das Kind.
Life is an ocean, the ocean of life… you came out of it, you are to the universe what the waves are to the ocean. Mit Dankbarkeit, Liebe und ozeanischer Lebensfreude ins Neue Jahr !