33° 51′ südliche Breite, 151° 12′ östliche Länge
Das Sydney Opera House ist eines der markanten, berühmten Gebäude des 20.Jh. und DAS architektonische Wahrzeichen von Sydney, Symbol für das moderne Australien. Entworfen vom dänischen Architekten Jørn Utzon (1918–2008). Er war ein No-Name, als er 1957 den internationalen Wettbewerb mit der obigen recht groben Skizze gegen 233 Vorschläge aus 28 Nationen gewann.
Der Entwurf faszinierte die Jury – sein Opernhaus war eine ausdrucksstarke, skulpturale Großform, die visionär mit dem Rationalismus des klassisch-modernen International Style brach. Geschwungene Freiform statt rechtwinkeliger Raster.
Wie geblähte Segel ragt das Dach hoch in den Himmel – passend zum Genius Loci. Das Opernhaus liegt umtost von Wind und Wetter auf einer kleinen Landzunge direkt am Hafen. Dass es 14 Jahre dauern sollte, bis dieses spektakuläre Bauwerk 1973 eröffnet werden konnte, hat sich anfangs niemand träumen lassen (ich habe mir auch nicht träumen lassen, dass es 4 Monate nach meinem Besuch dauerte bis ich darüber schrieb). Utzon war begeisterter Segler, Sohn eines Yachtkonstrukteurs. Vielleicht sind die weißen, haubenartigen, ineinander verschachtelten Dächer des Opernhauses Kindheitserinnerungen an Vater-Sohn Segeltörns?
Utzon created a building that changed the image of an entire country. It is the first time in our lifetime that such an epic piece of architecture gained such universal presence. Frank Gehry bei Utzon´s Pritzker Preis Verleihung
Zurück zur gefeierten Entwurfszeichnung – sie war mehr eine richtungsweisende Orientierung als ein umsetzbares Konzept. Dafür sorgten ab 1957 der Ingenieur Ole Arup und seine Partner mit ihren statischen Berechnungen, durch die sie auch maßgeblich am Gelingen des Projektes beteiligt waren.
Aufgrund der komplexen Dachkonstruktion musste der Entwurf mehrfach umgeändert werden – 44 Zeichner gaben in 1.700 Plänen ihr Bestes, um das Sydney Opera House zu perfektionieren. 1959 begannen die Bauarbeiten. Die gekrümmten Schalen des Daches bereiteten jedoch große Probleme, da sie nur schwer zu berechnen waren. Oft war architektonisches Neuland zu betreten, allein die komplexe Dachgeometrie wurde zwölfmal neu entworfen. Mit Lochkarten gesteuerte Computer brauchten dann nochmals 18 Monate, um die Krümmungen und Statik aller Dächer zu berechnen.
A building which will be of great liberating importance to today’s architecture. Ove Arup
Oder mit den Worten des Architekten: All parts play together in a rich variation of shapes.
Doch zunächst sorgte Utzon für Negativschlagzeilen – der Fertigstellungstermin verzögerte sich um 10 Jahre, das Budget explodierte…Gelder wurden gesperrt, die Mitarbeiter konnten nicht mehr bezahlt werden. Daraufhin entschloss sich der Architekt 1966 Australien zu verlassen und nie wieder einen Fuß auf australischen Boden zu setzen.
Darüber redet heute keiner mehr; das Opera House ist ein Touristenmagnet geworden und damit eine unerschöpfliche Einnahmequelle. So umstritten der Bau einst war, so begeistert sind die Sydneysider heute von ihrer Oper. Die Elphi in Hamburg lässt grüßen: Jahrhundertbauwerke.
Dass Jørn Utzon 2003 den Pritzker Preis bekam und 2007 sein Meisterwerk auch noch zum Unesco Weltkulturerbe wurde ist eine späte Ehre für den Genius – fair enough. Er starb 2008 im Alter von 90 Jahren, ohne sein Lebensprojekt jemals fertiggestellt betreten zu haben.
Die Queen starb 2022 im Alter von 96. Das 100 Millionen AUS-Dollar Projekt wurde 1973 von ihr, Elisabeth II., damalige Königin Australiens, eröffnet.
The human spirit must sometimes take wings or sails, and create something that is not just utilitarian or commonplace. Queen Elizabeth II
Bei einer Bootstour entdecke ich neue Perspektiven, wenn sich das Licht im Laufe des Tages über das Opernhaus bewegt, verändert es seine Form…seine Stimmung. Architecture has many moods and shapes – architecture is my meditation.
Zurück zu Fakten – das Operahouse besteht aus 30.000 Tonnen Betonfertigteilen.
Das unverwechselbare Dach ragt 67 Meter hoch auf, seine Fertigteile sind mit 1,1 Mio. glasierten weißen und sandfarbenen Keramikfliesen verkleidet. Weniger als 1.000 Fliesen mussten bisher ersetzt werden.
Das Gebäude ist 184 Meter lang, 118 Meter breit und bedeckt eine Fläche von etwa 1,8 Hektar.
Ein Relief am Gebäude zeigt die architektonische Herleitung der Form: „Spherical Solution“ von Utzon.
Als Bauplatz hatte man sich für Bennelong Point, eine der Stadt vorgelagerte Halbinsel im Hafen auf der anderen Seite der Harbour Bridge, die zu industriellem Brachland verkommen war, entschieden. Früher trafen sich dort Aborgines – sangen, tanzten und erzählten Geschichten…
Wie gut das Wasser im Hafenbecken vor der Oper ist sehe ich an einem Besucher der etwas anderen Art.
Schwupp…platscht ein Seehund die Treppe hinauf –
entscheidet sich aber schnell wieder für einen Sprung zurück ins kühle Nass – Splash!
Auch wenn die einstige Gezeiteninsel mittlerweile nicht mehr unter Wasser steht, blickt man dennoch mit Sorge in die Zukunft. Der infolge des Klimawandels steigende Meeresspiegel kann auch für das berühmte Opernhaus zur Gefahr werden. Entsprechende Schutzmaßnahmen zu entwickeln ist eine der größten Herausforderungen für die kommenden 50 Jahre.
Am Abend kehre ich zurück. Das Sydney Opera House bei Nacht will ich mir nicht entgehen lassen, auch wenn es heute nicht ganz so spektakulär beleuchtet ist wie beim Feuerwerk anlässlich seines 50. Jubiläums 2023.
Ganz in weiß schreitet `mein´ 50+ Architekt die Treppe hinauf –
hoffentlich nicht nur zum Divertissement unserer abendlichen Aufführung, sondern auch mit (Spät)Werken in den Olymp der Baumeister.
Eine Gruppe junger australischer Architekten wurde in den 1970ern mit der Fertigstellung der Innenräume beauftragt. Utzon war überzeugt, dass die getroffenen Kompromisse das Werk ruinieren würden, und bei der Eröffnung gaben ihm Kritiker und Künstler teilweise Recht. Me too.
Nach der Aufführung noch ein obligatorisches Photo von mir vor der Sydney Harbour Bridge von 1932.
Schwindelfreie können die Bögen der Brücke neuerdings besteigen – Bridge Climb heisst diese Attraktion, die für jemanden mit Höhenangst wie mich nichts ist.
Heute gilt das Sydney Opera House zusammen mit dem heiligen Uluru (Ayers Rock) in der australischen Wüste als Wahrzeichen des Kontinents. Der Uluru, allerdings seit 2019 nicht mehr besteigbar, wird mein nächster und letzter Stop.
Der 50 Plus Architekt ist erstaunt älter zu sein als das Sydney Opera House, dass doch schon solange bestaunt wird wie die ägyptischen Pyramiden.