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74°26`nördliche Breite, 19°03′ östliche Länge

Vor über drei Wochen bin ich aufgebrochen nach dem Norden Norwegens, von da aus mit einem Expeditionsschiff nach Svalbard, von dort nach Nordostgrönland und weiter nach Island. Doch ein Land nach dem anderen…

Schwanke im Landeanflug auf Finnmark durch die Schwaden von „Nibelheim“. Steige aus, stehe im schüttenden Regen auf der Gangway, eine heftige Windböe weht mir um die Ohren; ziehe schnell meine Regenjacke über: Willkommen im arktischen Sommer – Abkühlung garantiert!

So kalt, so nah – nur knapp 2,5 Flugstunden von meiner Heimatstadt Frankfurt entfernt, landete ich nördlich des Polarkreises in Tromsø Hauptstadt der Arktis, Tor zum Eismeer.

65.000 Einwohner, historische Holzhäuser, Gewerbegebiet mit Thai Food, Co-Working, Barber Shops – modernes urbanes Leben. Wahrzeichen der Stadt ist die Eismeerkirche. Vor Jahren hörte ich dort „Oh du mein holder Abendstern“ von Wagner, auf Harfe gespielt von Xavier de Maistre; jetzt geht es aber weiter nordwärts zum Polarstern…

Der Begriff Arktis ist übrigens aus dem altgriechischen árktos (Bär) abgeleitet. Arktikós wurde für die Richtungsangabe „nördlich“ benutzt, bezeichnete aber auch die Region unter dem Sternbild Großer Bär, welches in der Antike dem Nordpol näher stand als heute. Der hell leuchtende Polarstern, der heute fast senkrecht über dem Nordpol steht, gehört zum Sternbild Kleiner Bär.

Jetzt aber: Leinen los – verlassen bald den Schutz der Inseln und Fjorde und geraten in der rauen See des arktischen Ozeans in ein Windfeld, Windstärke 10, mit bis zu 8 Meter hohen Wellen. Bis zum Morgengrauen, die Mitternachtssonne ist ob des Sturms sehr eingetrübt, halte ich mich wacker, dann überfällt mich doch eine leichte Seekrankheit. Was ich anfangs noch als wohlig-schaukeliges Liegen auf einem Wasserbett interpretierte wuchs sich zu einem mich hin- und hergeworfen fühlen aus. Schluss damit – nicht mehr nachspüren – volle Kraft voraus Richtung Svalbard (kalte Küste). Gegen Mittag haben wir das grobe Wetter weitgehend hinter uns, die See wird endlich ruhiger.

Möwen umfliegen das Schiff: Land in Sicht! Bjørnøya – die Bäreninsel – ein Vorläufer Eiland Spitzbergens, korrekter des Svalbard Archipels, denn nur in dessen Westen sind die namensgebenden schroffen, spitzen Berge zu finden.

Nebelverhangene Küste mit Plateaubergen, schroffen Felswänden, zerklüfteten Vogelfelsen. Nur eine Handvoll Menschen, Möwen und Eissturmvögel bevölkern die baumfreie kältegeprägte Landschaft dieser abgelegenen Insel in den Weiten des Nordpolarmeeres.

Die Insel ist 20 km lang und 15 km breit, höchste Erhebung ist der Miseryfjellet mit 536 m, der allerdings wegen Nebel und niedriger Wolken etwas meinen Blicken entzogen ist.

Die Insel wurde 1596 vom niederländischen Seefahrer Willem Barents entdeckt und nach einem Eisbären benannt, der in der Nähe schwamm. Die Bäreninsel galt bis zum Spitzbergenvertrag, der sie 1920 unter norwegische Souveränität stellte, als Terra Nullius: Niemandsland.

Weiter geht´s 235 Kilometer weiter nördlich durch die nach seinem Entdecker genannte Barentssee nach Svalbard – inklusive Eisbären… doch davon morgen mehr. God natt.

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