55°40′ nördliche Breite, 12°33′ östliche Länge
Nach der BlueCity Hafenrundfahrt nehme ich euch heute mit zu einem Rundgang durch die Beer City. Bevor der junge Kopenhagener Brauer Jacob Christian Jacobsen (abgekürzt J.C.) die Carlsberg-Brauerei 1847 nach Erhalt einer königlichen Lizenz gründete, machte er sich auf die Suche nach einem geeigneten Grundstück mit frischem Quellwasser. Er fand es auf dem Valbyer Hügel, dem heutigen Carlsberg, vor den Toren der dänischen Hauptstadt.
Die Bierproduktion wurde seither kontinuierlich gesteigert, die Massenherstellung von Bier jedoch 2008 eingestellt und an andere Standorte verlagert. Die von Jacobsen gegründete Hausbrauerei besteht jedoch weiter und produziert gemäß seinem Mantra: großartiges Bier machen – Bierspezialitäten wie das Elephant Extra Strong – ein Schwergewicht unter den Bieren. Ein helles Starkbier mit dem Logo eines Elefanten, der eine besondere Bedeutung für den von fernöstlichen Symbolen faszinierten J.C. besaß. Er sollte der Gründerfamilie und besonders deren vier Kindern Schutz und Sicherheit bieten.
Carlsberg besteht neben den Gebäuden, die direkt etwas mit dem Bierbrauen zu tun haben, aus vielen historischen Gebäuden. 2008 wurden 13 Gebäudekomplexe und ein historischer Garten denkmalgeschützt. Eines davon ist das Diptylon, ein doppelbogiges Eingangstor, das den Eingang vom Gamle Carlsberg zu Ny Carlsberg markiert. Der Bau diente sowohl als Malzkammer als auch als Uhrenturm. Ein Fries stellt auf goldenen Fliesen Carl Jacobsen, seine Frau Ottilia, einen seiner Söhne, sowie einige Mitarbeiter dar.
Vom 19. bis ins frühe 20. Jahrhundert wurden die historischen Gebäude mit vielen eklezistischen Verzierungen erbaut. Ein prä-postmodernes Sample aus veronesischem Palazzo, maurischen Details, asiatischen Impressionen, gekrönt vom mächtigsten nordischen Gott Thor on the top.
Das Elefantporten, mit seinem Turm, ursprünglich Wasserturm und Hopfen-Silo, ist das berühmteste Wahrzeichen des Viertels. Es bezieht seinen Namen von den vier (für jedes Kind einen) das Gebäude tragenden Elefanten, welche das Tor bewachen und für Stärke und Schutz stehen.
Die Dickhäutersäulen sind inspiriert von Berninis barockem Elefant auf der Piazza della Minerva in Rom.
Als die Schließung der Brauerei 2008 besiegelt war, begannen umgehend die Planungen zur Umgestaltung des Viertels, welche ich mir auf meinem Rundgang anschaute.
Direkt neben dem Elefantporten sehe ich gleich als erstes ein gelungenes Beispiel wie der lokalen Tradition der Ziegelbauweise ein zeitgenössischer Twist gegeben werden kann.
Das gesamte ehemalige Gamle Carlsberg Brauereigelände mit mehr als 30 ha Fläche, wird seit Jahren in ein neues Wohnquartier verwandelt.
Verbindendes Materials des nachhaltigen masterplans, der ein aktives urbanes Leben im Städtebau umsetzt, sind Ziegel – vom Hochhaus bis zu den spektakulären Hängenden Gärten.
„The creative use of brick decorations in the facades is very common in the Carlsberg City, both in the historic buildings from the 1800–1900 and in modern additions to the complex, like the quite amazing Hanging Gardens by Svenn Eske Kristensen from the 1960s,“ Lonka, Studio Adept, Kopenhagen.
Im unteren Bereich des ehemaligen JC Jacobsen House wird der Garten von einer Reihe von Terrassendachgärten, die durch ein System konkaver Wände aus Ziermauerwerk geschaffen wurden, abgeschlossen, bekannt als die hängenden Gärten. Eine gelungene Synthese aus Industriestandort und romantischem Landschaftsgarten – „eine Zeitkapsel, die seit 160 Jahren existiert“.
Erst seit 2019 existiert das Hotel Ottilia, benannt nach der Frau von C.J..
Der Umbau wurde gekonnt in die ursprüngliche Bausubstanz von Lagergebäuden, Mälzerei und Getreidesilo einbezogen.
Die Fassade besteht aus runden Panorama-Fenstern, die mit einer weichen halbmondförmigen Couch ausgestattet sind, von der aus man die Sterne, den Ottilia-Jacobsen Platz oder/und die Perlage im Bierglas beobachten kann…
An der Gebäuderückseite finden sich über 60 große goldfarbene Scheiben. Sie symbolisieren in Form und Anzahl die einst hier untergebrachten Biertanks, die aus den Öffnungen verladen wurden.
Die Scheiben sind heute eingefasst von schmalen Fenstern, vor denen sich reißverschlussartig angeordnete Mauersteine befinden.
Weiter ging es zum „Kridttårnet„, ein 1883 erbauter Leuchtturm. Sein Name kommt vom Kalkstein, welcher das Hauptbaumaterial des Turms ist und von Steinbrüchen aus dem südlichen Kopenhagen stammt. Der Turm schließt mit einer gläsernen Laterne ab. Diese strahlte schon anno dazumal, über Carlsberg Byen, da elektrisches Licht ein Jahr vor der Schaffung des alten Carlsberg-Geländes eingeführt wurde.
Ebenso goldleuchtend sind die eingestanzten Strahlenkränze in der ornamentalen Fensterverkleidung eines der umstehenden Häuser. Sie referenzieren auf das alte Carlsberg Logo mit indischem Swastika Sonnensymbol.
Ich schreite wieder hinaus aus dem Gamle Carlsberg Tor in Richtung des 1896 im Stil italienischer Renaissance erbauten Carlsberg Laboratorium. Vor dem Gebäude steht eine Skulptur von J.C.. Selbst so eine Art Renaissance Mann – Multitalent, Gründer, Mäzen, mit einem unstillbaren Durst nach Fortschritt – und Bier?! Er glaubte an die Wissenschaft und teilte sein Wissen und, als Entdecker des in den Forschungslabors von Carlsberg gezüchteten Hefepilz Saccaromyces, sogar seine Hefe, mit anderen Brauern. Hefe hilft bei der Gärung, wandelt den entstandenen Malzzucker in Alkohol und Kohlensäure um und verleiht dem Bier erst seine Spritzigkeit. „Es gibt von der Konkurrenz nichts zu befürchten, wenn du das wahrscheinlich beste Bier der Welt braust.“ J.C.
Skäl again – selbstverständlich mit einem schönen hellen Carlsberg.
Für alle denen es verständlicherweise zu weit ist für ein gutes Bier nach Dänemark zu fahren, habe ich noch einen regionaleren Tipp – das „Brauhaus Goldener Engel“ Bier. Ein feines, naturtrübes Helles oder Dunkles: Prost !
Nichts wie hin – das „Brauhaus Goldener Engel“ in Ingelheim ist übrigens von Franken Architekten, unserer Company, erbaut.
Beauty is in the eye of the beerholder – wie es als Sinnspruch kurioserweise mal auf einem Glückskeks Papierstreifen stand den ich bekam.
Expressionistisches Bier a la pression
Superb!!! Never knew the history behind Elephant beer.
Toller Bericht liebe Frau Franken.
Das macht doch richtig Lust, hier auch einmal hinzufahren.
Eine Alternative zu Venedig 🙂
Liebe Grüße