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46°24′ 28″ nördliche Breite, 9°46′ östliche Länge

Chalandamarz ist ein traditioneller Umzug, der den Winter vertreiben soll. Den Brauch gibt es auch heute noch in Teilen des rätoromanisch- und italienischsprachigen Gebiets Graubündens, allen voran im Engadin, eines der höchstgelegenen bewohnten Täler Europas, mehr als 80 km lang.

Chalandamarz erinnert daran, dass die Römer den ersten Monatstag „Calendae“ nannten (von calare = rufen, weil der Tag öffentlich ausgerufen wurde): Kalendae martiae also.

Gefeiert wird er jeweils am oder um den 1. März, dem römischen Jahresanfang (=> September = ’siebter‘ Monat, etc.), der mit der Wahl der neuen Konsuln begann. 152 n. Chr. fand die Wahl wegen eines Aufstandes schon am 1. Januar statt; da verlegte man auch den Jahresanfang. Nur im Engadin nicht.

Auch 1873 Jahre später bleibt für die Engadiner der 1. März, Chalandamarz, ein ganz spezieller Tag. (Auch, dass gerade der Februar in Schaltjahren den zusätzlichen Tag bekommt, erinnert noch an die Zeit, als das Jahr mit ihm zu Ende ging.)

Ich hatte Glück diesen gestern in Sils Maria, noch kurz vor meiner Abreise, miterleben zu dürfen.

An Chalandamarz ziehen die Schulkinder in den Tälern des Engadin in jedem Dorf mit Gesang, lautem Kuhglocken-Geläut und Peitschenknallen durch die Strassen von Haus zu Haus, um den Frühling einzuläuten und gleichzeitig auch Geld für die Schulreise zu sammeln.

Früher war es ein Fest für Buben. Mittlerweile wurden jedoch in den meisten Gemeinden Mädchen vollständig in den Anlass integriert, sogar als Hirtinnen für das „Geissel-Klöpfen“ genannte Schwingen der Peitschen.

Zur Mittagszeit kommen die Kinder mit lautem Getöse auch den Berg hinauf. Ein Fels, darauf ein majestätisches Grandhotel mit einer legendären Geschichte: Das Waldhaus. 

Sie geben ein Ständchen mit zwei, drei Liedern und kräftigem Glockengeläut. (Meine Aufnahme konnte ich aus technischen Gründen leider nicht hochladen).

Das Waldhaus lädt nach ihrem „Auftritt“ seit Generationen alle Silser Schulkinder, ihre Lehrer, den Schulrat und die Pfarrer zum Mittagessen ein.

Sobald die Türen zum großen Speisesaal sich öffnen stürmen die Kinder hinein: Wir haben Hunger, Hunger, Hunger…haben Durst!

Bestimmt gibt es für sie auch, wie für die Gäste am Vorabend, die traditionellen «chastognas cun latmilch» – Kastanien mit Schlagrahm. Einfach köstlich! So gestärkt werden die Klänge der schweren Glocken danach bestimmt noch viel lauter durch die Gassen des bezaubernden Bergdorfes klingen.

Ich verlasse mein Lieblings Winterdomizil und erfreue mich beim Überqueren des Julier-Pass nochmals an der erhabenen Hochgebirgslandschaft.

Auf 2000 Metern mit so wenig Schnee wie selten Anfang März. Après-Ski ?! Steht aktuell leider nicht mehr nur für Vergnügungen nach dem Skifahren, sondern für „BeyondSnow“ Interventionen, die Schneetourismusdestinationen bei der Anpassung an den Klimawandel helfen sollen.

Ich hoffe und bete, dass es sowohl den Brauch des Chalandamarz als auch des Après-Ski in diesen ZauBERgen noch lange geben wird.

Chers salüds!

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