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Farbkugel von Philipp Otto Runge (1810) und Colour Sphere Manuell

Nachdem wir nun das „Leidenstriduum“ von Gründonnerstag bis Karsamstag zwar nicht durchlitten, aber in in ungewollt häuslicher Isolation verbracht haben, befinden wir jetzt inmitten des „Auferstehungstriduum“, das von Ostersonntag bis Osterdienstag dauert. Richtig gelesen, Osterdienstag, den es früher, als Überrest einer Arbeitsruhe, die einst von Palmsonntag bis zum Weißen Sonntag dauerte, gab. Doch mir geht es heute nicht um weiß, sondern um den regenbogenbunten Farbenglobus (engl. colour sphere). Es ist ein dreidimensionales Farbsystem, das eine Übersicht über die Gesamtheit der Farbtöne, sowie deren Helligkeit und Sättigung bietet. Auf dem Nordpol liegt weiß und auf dem Südpol schwarz, reine Nichtfarben, dazwischen entspannt sich entlang der Erdachse die Grauachse. Hier befinden sich alle Grauabstufungen, die unbunten Farben. Auf der Außenhaut der nördlichen Halbkugel liegen die mit weiß gemischten reinen, hellklaren Farben (z.B. hellgrün), auf der südlichen die dunkelklaren, im Kugelinneren die unreinen getrübten Farben, wie braun. Die Komplementärfarben befinden sich gegenübergesetzt.

Zeitgenössische Farbkugel

Moderne Farbkugeln gliedern sich häufig nicht mehr in einfarbige Segmente, sondern weisen kontinuierlich sich verändernde Farbtöne auf. Doch auch hier liegen auf dem Äquator die farbintensivsten reinen Primärfarben rot, gelb, blau sowie drei Mischfarben. Interessanterweise gibt es auch in der Mitte der Erde, am realen Äquator, die größte Artenvielfalt und damit verbunden auch Farbenreichtum.

Farben gleichen Farbtons befinden sich auf den senkrechten Halbkreisen, die zwischen den Längengraden liegen. Am Breitengrad 0 verläuft zweimal im Jahr am Äquinoktium (siehe Blog 22.03.2020) die Sonnenbahn direkt durch die Äquatorlinie. Täglich ist dort zu beobachten wie die Sterne im Osten auf und im Westen untergehen: die Erde ist rund. Doch erst nach Magellans Weltumseglung im 16 Jh., bei welcher er den Äquator überquerte, und so weit südlich segelte das ihm die antarktischen Winde entgegenschlugen, war die Kugelgestalt der Erde bewiesen. Vor den Entdeckungsreisen der Portugiesen wurde befürchtet die Äquatorregion sei zu heiß, um sie zu bewohnen oder zu durchqueren, und es herrschte die Vorstellung, das eine Expedition in die südliche Hemisphäre keiner überleben würde.

Daraus entstand das Ritual der Äquator- bzw. Polartaufe, wenn Seefahrer das erste Mal Mal den Äquator oder Polarkreis überqueren. 2019 passierte ich diesen und bin, mit vielen anderen an Bord, vom „Meeresgott Neptun“ mit einem ordentlichen Schluck aus der Pulle initiiert worden.

Der nautische Vorgänger Magellans, welcher zwar weder den Äquator noch den Polarkreis überquerte, aber Amerika (wieder)entdeckte, war Kolumbus. Eine Anekdote über ihn wird von Girolamo Benzon, in seiner Schrift über die Geschichte der Neuen Welt (Historia del mondo nuovo, Venedig 1565) erzählt.

„Columbus Breaking the Egg“ by William Hogarth

Christoph Kolumbus wird nach seiner Rückkehr aus Amerika 1493 während eines Essens vorgehalten, es sei ein Leichtes gewesen, die „Neue Welt““ zu entdecken, es hätte dies auch jeder andere vollführen können. „Daraufhin verlangt Kolumbus von den anwesenden Personen, ein gekochtes Ei auf der Spitze aufzustellen“. Es werden viele Versuche unternommen, die aber alle scheitern und so ist man schließlich davon überzeugt, dass es sich hierbei um eine unlösbare Aufgabe handelt, und bittet Kolumbus es selbst zu versuchen.“Dieser schlägt sein Ei mit der Spitze auf den Tisch, so dass diese leicht eingedrückt wird und das Ei stehen bleibt. Als die Anwesenden protestieren, dass sie das auch gekonnt hätten, antwortete Kolumbus: „Der Unterschied ist, meine Herren, dass Sie es hätten tun können, ich hingegen habe es getan!“ So steht heute noch Das Ei des Kolumbus für eine verblüffend einfache Lösung für ein unlösbar scheinendes Problem. 

Monumento del Huevo de Colon, Sevilla,.Photo: Vanessa Gomez
Hueva de Colon, Sant Antoni de Portany, Ibiza

Die abgebildeten spanischen Wahrzeichen in Sevilla und an einer Hafenpromenade in Ibiza erinnern an das Hueva de Colon. Es beherbergt im Inneren das Flaggschiff von Kolumbus.

Wünscht‘ ich der Helden einer zu seyn,
Und dürfte frei                       es bekennen
So wär‘ es ein Seeheld.

                                                    und es ist not
Den Himmel zu fragen.“…

aus Friedrich Hölderlins Fragment Kolomb auf den Entdecker und »Seeheld« Kolumbus.

Abschliessend noch ein Schlenker vom Ei des Kolumbus zum tagesaktuellen Osterei. Das Dekorieren von Eierschalen ist übrigens älter als die christliche Tradition, was 60.000 Jahre ! alte Funde von verzieren Straußeneiern aus Südafrika beweisen.


Das abgebildete Weltkugel-Straußenei ist zwar keine 60.000 Jahre alt, aber auch aus Südafrika. Dort habe ich es vor einigen Jahren für ein paar Rand an einem Straßenmarkt erworben. Als ich es den „Schatz“ heute für das Photo aus meiner „Wunderkammer“ holte, behandelte ich es mit diesem neuen Wissen vorsichtig wie ein rohes Ei.

In alten Ägypten wurden Eier als fruchtbare Grabbeigaben für ein Neues Leben gefunden. Auch die frühen Christen verwendeten das Ei als Symbol für die Auferstehung und bemalten es rot, um an das Blut des gekreuzigten Christi zu erinnern. In einem Osterspruch aus dem 17. Jh. heißt es „Wie der Vogel aus dem Ei gekrochen, hat Jesus Christus das Grab zerbrochen“. Später hatte es praktische Gründe, dass die Eier verschiedentlich gefärbt worden sind, da während des sechswöchigen Fastens von Aschermittwoch bis Ostern keine Eier gegessen werden durften, wurden die Eier durch Hartkochen haltbar gemacht. Um ältere Eier von jüngeren zu unterscheiden wurden sie unterschiedlich gefärbt.

Gut malen ist einfach folgendes: richtige Farbe an richtigen Ort setzen.“ Mit diesem Zitat von Paul Klee im Sinn lässt sich heute vielleicht noch das ein oder andere Osterei oder gar eine Leinwand, eine Folie, oder was auch immer das Trägermedium der Wahl ist, bemalen.

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