Seit Samstag 8:00 Uhr sind in Hessen endlich die Golfplätze wieder bespielbar. Es grünt so green…wenn Spaniens Blüten blühn (dazu später). Ich hatte um 8:40 einen der ersten Slots auf dem Parkland Course ergattert und erfreute mich, trotz meiner dilettantischen Neugolferin Schläge, an der spielerischen Bewegung im Freien: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt” Schiller. Warum diese Sportart seit zwei Monaten untersagt war, verstehe ich nicht – mehr Mindestabstand geht kaum. Als einer meiner Bälle im rough des Gebüschs landete, fuhr zufällig ein Greenkeeper vorbei und meinte ganz trocken, mit leicht amerikanischen Akzent, „es hat sich nichts geändert, der Ball fliegt immer noch ins Aus“.
Ich habe jedenfalls befreit von Notwendigkeit, als homo ludens, das Spiel leicht und unbeschwert genossen. Diese Erfahrung von Freiheit verbindet das Golfen ganz im Schillerschen Sinne mit dem ästhetischen Phänomen der Schönheit, da diese dieselbe Leichtigkeit des Geistes bedarf wie das Spiel.
Es gilt, einen Golfball mit möglichst wenigen Schlägen von einer als Abschlag bezeichneten Fläche, gemäß den Golfregeln, in ein mehrere hundert Meter entferntes, 10,8 cm kreisrundes, Loch zu spielen. Ein Golfplatz besteht aus 9 oder 18 Löchern, bis zu sieben Kilometer lang. Kann der Ball nicht regelgerecht gespielt werden, weil er z.B. über Wasservögel ins rough flog oder in einem Teich versunken ist, sehen die Golfregeln Möglichkeiten der Wiederaufnahme, unter Zurechnung von Strafschlägen, vor. Die Summe der Schläge bis zum Einlochen des Balles (Golf- + Strafschläge) wird Score genannt.
Oh, Graugans, Graugans
Vor wie viel Jahren gingst du
Zuerst auf Reisen? Haiku von Kobayashi Issa (1763-1828)
Wo das Spiel erfunden wurde ist umstritten, ebenso die Wortherkunft. Erstmals 1457 ist das schottische golf bezeugt, eine Entlehnung des niederländischen kolv („Schläger“) oder des lateinischen clava („Knüppel“). Allgemein gelten die Schotten als Erfinder des Golfs, aber auch schon im alten Ägypten, im antiken Rom sowie im frühen Japan, Korea und China finden sich Hinweise auf ein Spiel mit Ball und Schlägern. However – von allen Früh- oder Vorformen ist nur die schottische Variante bis heute erhalten, in alle nicht britische Länder jedoch erst im 19. oder 20. Jh. eingeführt bzw. reimportiert.
Ähnlich wie beim Bogenschießen ist die innere Ruhe das A und O, da die Qualität des Schwungs stark davon abhängt wie sehr ich mich auf den Moment einlasse. Denkst du noch oder golfst du schon ? Zen oder die Kunst des Golfspielens… Es gibt einen schönen Film The Legend of Bagger Vance, dessen Geschichte dem altindischen „Bhagavat-Gita“ Epos entlehnt ist. „Der mystische Eindruck, den der Caddy Bagger Vance im Film hinterlässt, ist in der Parallele zur Bhagavad-Gita begründet. Der Caddy Bagger Vance steht für Bhagavan, womit im Epos der Gott Krishna umschrieben ist.“ Der Spieler repräsentiert den Fürsten Arjuna, dieser wird von Bagger Vance herausgefordert, mit zwei der damals (1931) erfolgreichsten Golfspielern in den Wettkampf zu gehen. In einer Schlüsselszene des Films fordert der Caddy den Spieler vor einem Abschlag auf, das Feld zu erkennen. „Das bezieht sich auf den 13. Gesang der Bhagavad Gita, wo Krishna zu Arjuna von dem Feld und dem Kenner des Feldes spricht: Der irdische Leib und die gesamte Natur werden von Krishna als das Feld bezeichnet. Der Feldkenner ist der Geist, der diesen Leib beseelt. Das Feld verändert sich zu jeder Zeit und nur durch Gleichmut gegen Äußeres und vollkommene Hingebung an ihn kann das anfanglose, höchste Brahman erreicht werden“.
Und klar, Dank dieses göttlichen Coachings gelingt dem Spieler im Film ein Hole in one, das Spielen einer Bahn mit einem einzigen Schlag !
Doch nun noch kurz zu Spaniens Blüten, dem Eingangszitat aus My Fair Lady. Professor Higgins, ein angesehener Philologe und Phonetiker, trifft nach einem Opernbesuch auf eine Blumenverkäuferin. Er glaubt, dass der Mensch sich nicht über die Herkunft, sondern seine Sprache definiere; selbst ein Blumenmädchen wie Eliza, könne zu einer feinen Dame werden, sofern sie richtiges Englisch spräche. Im Laufe des Musicals gelingt Eliza der phonetische Durchbruch: Sie spricht „g“ statt „j“, „ei“ statt „e“ und nicht „i“, sondern „ü“ (Es grünt so grün wenn Spaniens Blüten blühn/The Rain in Spain).
Jetzt ist übrigens gerade Orangenblüte in Spanien, insbesondere in der Orangenmetropole Port Soller im Westen Mallorcas, wo der betörende Duft der flor de azahar genannten Blüten, mit zunehmender Wärme, sich immer mehr verströmt: süß, frischer und leichter als Rosen, mediterranes Jasmin. Schon George Sand ist ihm verfallen, eine Großstadtdiva, die sich trotz widriger Umstände (ein lungenkranker Chopin, wochenlanger Dauerregen, mürrische Einheimische) an der herben Schönheit der Insel berauschte: „Gegen Abend wechselt die Farbe dieser Landschaft von Stunde zu Stunde und gewinnt hierbei mehr und mehr an innerer Harmonie; wir haben sie bei einem Sonnenuntergang in einem glitzernden Rosa gesehen, danach in glänzendem Violett, anschließend in silbrigem Lila und zuletzt, als sich die Nacht hereinsenkte, in reinem, durchsichtigem Blau“. „Ein Winter auf Mallorca“ ist ein Buch über die Musik Chopins, eine faszinierende und manchmal auch nasskalte Insel. Passende Lektüre für die Eisheiligen, die dieses Jahr pünktlich am 11. Mai feucht und frostig begonnen, idealerweise noch begleitet von Chopins „Regentropfen“ Prélude, die auf Mallorca entstand. „Für diese Komposition hatte er gewiss die vielen Regentropfen, die auf die Ziegel der Kartause prasselten, ohne es zu merken, in sich aufgenommen, aber danach hatten diese sich in seiner Phantasie und in seinem inneren Gesang in Tränen verwandelt, die vom Himmel ihm ins Herz getropft waren.“
Ich hoffe immer noch wie geplant im August in Mallorca zu sein, dann blühen zwar die Orangen nicht mehr, aber es „blaut so blau“ wenn das Meer in der Bucht von Soller glitzert. Und schöne Golfplätze gibt es dort auch.