25°20′ nördliche Breite, 55°27′ östliche Länge
Die Expo 2020 findet vom 01.10.2021 bis zum 31.03.2022 in der jüngsten Weltstadt Dubai statt. Erstmalig hat ein arabisches Land den Zuschlag für die Weltausstellung erhalten. Fair enough, denn wo wenn nicht dort werden, gemäß dem diesjährigen Motto – Connecting Minds, Creating the Future -, seit Jahrzehnten mitten in einer unwirtlichen Wüste Futur-optimistische Welten kreiert.
Ich starte meine Tour im Al Wasl Dome. Von der zentralen Kuppel gehen ein Ring und drei blütenförmige thematische Straßenachsen mit über 90 Pavillons und Schatten spendenden Solarzellen Decken aus, die das gesamte EXPO-Gelände mit Strom versorgen. Der Masterplan des zwei Quadratkilometer großen Geländes referenziert auf ein traditionelles Soukh-Design.
Die Kuppel besteht aus der weltweit größten 360° Projektionsfläche.
Welchen der drei Themenbereiche – Opportunity, Mobility und Sustainability – schaue ich mir zuerst an? Für systematische Überlegungen ist es mir zu heiß – ich lass mich einfach treiben und beginne beim Pavillon des Gastgeberlandes. Eine gute Wahl.
Die einladenden U-förmigen Diwans unter den Flügeln des Pavillons, sind inspiriert von Majlis – traditionelle Bereiche der gastlichen arabischen Kultur. Orte an denen Geschichten erzählt, Kaffee getrunken und Datteln gegessen werden.
Der vom spanischen Architekten Calatrava entworfene strahlend weiße Pavillon symbolisiert einen an die Gründung der VAE erinnernden Falken. „Der Entwurf bringt die Geschichte zum Ausdruck, die wir der Welt über unsere Nation erzählen wollen: Unser verstorbener Gründer,… Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan, nutzte die Falknerei, um Kontakte zwischen verschiedenen Stämmen zu knüpfen und eine eigene nationale Identität zu schaffen, die letztlich zur Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate geführt hat.“ Sultan Ahmed Al Jaber
Ein rundum gelungener Pavillon. Mabrouk ! (arabisch Glückwunsch…)
Weniger gelungen finde ich den Nachbarpavillon meines Heimatlandes. Eine Stahlkonstruktion mit einem Sockel aus kubischen Baukörpern von Lava (Laboratory for Visionary Architecture), die für mich eher robust als visionär ist.
Das Motto: connect, inspire, begin to move wird in der „Graduation Hall“ Show recht wörtlich umgesetzt. Alle nehmen auf Schaukeln Platz und versuchen diese in einen Takt zu bringen. Die Botschaft: Schon kleinste Bewegungen können Großes bewegen, wenn man sich zusammentut: Let´s swing together!
Am Ende bekommen die Besucher des etwas oberlehrerhaften Campus Germany ökologische Diplome.
Direkt gegenüber ist der Singapur Pavillon von WOHA Architects. So eine Art dreidimensionaler Garten, eine Oase in der Wüste als Rückzugsort von der Hektik der Weltausstellung: Cool down!
Das Gebäude wurde um drei mit Pflanzen bewachsene Kegel herum gebaut. Besucher des Pavillons gehen auf Wegen, die durch üppige hängende Gärten und um und in die Kegel führen. Es macht erlebbar wie Pflanzen verwendet werden können, um die Auswirkungen des Bauens auf das Klima zu reduzieren. „Es ist ein Prototyp, der Strategien zeigt, die skalierbar und anpassungsfähig sind, von Gebäuden bis hin zu Städten“, sagte Wei von WOHA.
Wo beginnt die Natur und wo endet die Architektur? Nature. Nurture. Future.
Auch in meiner Top 5 landete der kegelförmige UK-Pavillon im Opportunity District aus hervorstehenden Sperrholzlamellen von Es Devlin. Sie hat einen interaktiven Gedichtpavillion mit einer performativen Struktur geschaffen, die AI zum Schreiben von Gedichten verwendet. Innerhalb des Pavillons gibt es keine Ausstellung – das Gebäude ist die Ausstellung. Inspiriert von Stephen Hawking’s ‚Breakthrough Message‚ Projekt werden die Besucher eingeladen nachzudenken, welche Botschaft wir als Planet vermitteln würden, sollten wir eines Tages anderen Zivilisationen im Weltraum begegnen.
Jeder Besucher schreibt ein Wort, was in Echtzeit auf den inneren Paneelen erscheint. Irgendwo mein: Overflow… Auf der äusseren Fassade werden aus diesen Wörtern kollektive AI generierte Poems.
Splash! Nach all den vielen Worten und Orten entspanne ich zwischendurch etwas in den erfrischenden Wasserkaskaden.153 Wellen, von glitzernden Rinnsalen bis hin zu hohen Wogen, fallen kontinuierlich hinab und verschwinden durch den Stein.
Alles so schön bunt hier – dachte ich beim Anblick des pakistanischen Land of Colours Pavillons – viel mehr auch nicht – deswegen kommt er auch nicht in meine Best-of.
Last not least landet dort aber noch: Austria makes Sense – eine Reise für alle Sinne. Der Pavillon thematisiert das smarte Prinzip der ventilierenden Luftkühlung auf ikonische Weise.
38 weiße, mit Lehm beschichtete, Kegel bilden das Ensemble, die einfache konische Form in einen komplexen, transitorischen Raum zwischen innen und aussen verwandelnd.
Die verschieden hohen Kegel sind von den Barjeel genannten Windtürmen der lokalen Bautradition inspiriert und sorgen durch eine ständige Luftbewegung für eine ausgeglichene Raumtemperatur.
In den Lehm eingeritzte Piktogramme bilden moderne Höhlenmalereien in den jeweils einem der 5 Sinne zugeordneten Nischen.
Am Ende meiner Tour de force stellt sich mir die Frage was passiert eigentlich mit der ganzen imposanten Expo-Architektur nach der Weltausstellung? Zumindest auf dem Papier gibt es ambitionierte, städtebauliche Pläne das Gelände nach der Expo umzuwidmen und zu einer zwei Millionen Quadratmeter großen nachhaltigen Stadt namens „District 2020“ zu entwickeln.
Dubai, von Kritikern oft als ins Groteske gesteigerte Metropole der Spätmoderne, würde damit weiterhin auf eine Festivalisierung der Stadtentwicklung setzen.
Bis Ende März könnt ihr das „Festival des menschlichen Erfindungsgeists“, noch besuchen. Auf nach Dubai – ins LAND OF DREAMERS WHO DO – das Motto des V.A.E. Pavilions. Fifty years ago, this was all just a dream...
Wovon träumst du? Von einer Welt ohne Grenzen und Kriege?