Heute morgen auf A3, durchs Nürnberger Land, zu einem Termin. „Wir fahr’n, fahr’n, fahr’n auf der Autobahn“ – das erste Mal, seit wir Mitte März aus Bayern zurück in die Heimat „fliehen“ mussten (siehe SHUTDOWN IN PARADISE Blog 18.03.2020). Fühlt sich gut an, schnell, weit und befreit, gar nicht so repetitiv monoton wie der Refrain:
Autobahn
Autobahn
Autobahn
Autobahn
(AUTOBAHN)
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
(Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn)
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Vor uns liegt ein weites Tal
Die Sonne scheint mit Glitzerstrahl
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Die Fahrbahn ist ein graues Band Weisse Streifen, gruener Rand
(AUTOBAHN)
(AUTOBAHN)
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn,
Fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn,
Fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn
Jetzt schalten wir ja das Radio an
Aus dem Lautsprecher klingt es dann:
Fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn…
Autobahn, Kraftwerk, R. Hütter/ F. Schneider, 1974
In memorian – Florian Schneider, + 30.04.2020
Musik und Text werden eins – bei Kraftwerk klingt Autobahn wie Autobahn – verschiedene eingesetzte Soundeffekte wie der Dopplereffekt verstärken diesen Eindruck, auf- und abschwellende Töne sind zu hören, welche vorbeifahrenden Autos ähneln: njiiiiiiiiiihjummmmmmmmmhh. Das ursprüngliche Schallplattencover zeigt den Blick auf eine in einer hügeligen Landschaft gelegene Autobahn, auf der ein schwarzer Mercedes 600 (Auto von Ralf Hütte) und ein weisser VW Käfer (von Florian Schneider) in gegensätzliche Richtungen fahren. Zudem sind eine Autobahnbrücke und eine Sonne im Stil nüchtern-idealisierender Reklamezeichnungen aus der Wirtschaftswunderzeit der alten BRD zu sehen. Das spätere Autobahn Cover zeigt das auf eine Autobahn hinweisende Verkehrszeichen (Verkehrszeichen Nr. 330.1) Reduktion statt Expression.
Eines der ersten Gebäude unseres Architekturbüros, ein Pavillon für BMW, war auch inspiriert vom Dopplereffekt: die dynaform. 2001 für die IAA geschaffen, bereits vor Fertigstellung zusammen mit Arbeiten von Frank Gehry und Zaha Hadid in die Ausstellung digital real im Deutschen Architektur Museum in Frankfurt aufgenommen. Mein Mann hatte eine Methode entwickelt um Formveränderungen durch einwirkende Kraftfelder auf Grundkörper nach physikalischen Gesetzen im Rechner zu simulieren: Form follows Force.
Die dynaform entzog sich den üblichen architektonischen Beschreibungen wie Wand, Fenster, Dach und Stütze und bestand nur aus einer Oberfläche, ohne massstabgebende Details, die sich vom Boden über die Decke zurück zum Boden faltet. Das Ausstellungsgebäude sollte den Markenkern Freude am Fahren ausdrücken. Der Zweck von Automobilen ist die Bewegung; präsentiert und kommuniziert werden sie jedoch im Stillstand. Wir beschleunigten mit dem Dopplereffekt den Raum um die Fahrzeuge herum so, dass eine Empfindung des Fahrens entstand. „Er beschreibt die Verkürzung von Wellen um einen Emitter in Bewegungsrichtung und die Dehnung von Wellen hinter dem Objekt“. Es ist die Frequenzverschiebung eines schnell vorbeifahrenden Automobils, von dem wir einen hohen Ton hören, solange es auf uns zu kommt und einen niedrigen Ton, nachdem es uns passiert hat. „Ebenso nehmen wir eine visuelle Verkürzung des Raumes wahr, wenn wir mit hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn fahren: In den Augenwinkeln schießt er vorbei und hinter uns wird er gedehnt. Diese Raumkrümmung wurde in eine Gebäudestruktur umgesetzt. Nicht das Auto „fährt“, sondern der Raum“ Prof. Bernhard Franken. Während der gesamten Ausstellungsdauer lief in der dynaform: Autobahn. Das war das einzige Mal, das Kling Klang Studio die Verwendung des Soundtracks genehmigt hat.
Die erste autobahnähnliche Strecke der Welt war übrigens die AVUS (Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße) Berlin. Sie wurde 1921 eröffnet und diente hauptsächlich als Renn- und Teststrecke und nicht dem öffentlichen Verkehr. Der Begriff „Autobahn“ wurde 1929, statt der bis dahin verwendeten „Nur-Autostraße“, in Analogie zur Eisenbahn verwendet.
Wir haben bei unserem Termin heute keine Eisenbahn besichtigt, aber eine irgendwie aus der Vergangenheit der Moderne kommende Magnetschwebebahn (die 2020 nun nach China ausgeliefert wird) für die Ebene Plus 1. Sah fast aus wie eine gleitende dynaform. Zurück ging es zwar nur mit unserem Auto, aber dennoch ganz rapide, auf der Bundesautobahn 73, fast so leer wie die Straße auf dem historischen Schwarz-Weiss Photo, umgangssprachlich auch als Frankenschnellweg bezeichnet.