48°85′ nördliche Breite, 2°35′ östliche Länge
Heute stehen zwei ganz besondere Rosengärten von zwei außergewöhnlichen Damen zur Ansicht: das königliche Château Bagatelle von Marie Antoinette, inmitten des Bois de Boulogne in Paris, und das kaiserliche Château de Malmaison von Josèphine, der Ehefrau von Napoleon Bonaparte.
Beide Parks stehen im Zeichen der Rose. Malmaison ist eher das verwunschen-verwilderte Schloß, besitzt aber dafür die Souvenir de la Malmaison. Diese ‚Queen of Beauty‘ ist eine der gefeiertsten Schönheiten unter den historischen Rosen. Zart rosa, dicht gefüllt, intensiv duftend, ein Andenken an den Garten der Rosenkaiserin.
Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose – oder vielleicht auch nicht?
Doch zurück in den Parc Bagatelle im Herzen des Waldes von Boulogne im 16. Arrondissement – sozusagen der Pariser Stadtwald.
Ich flaniere bei bestem Königinnen und Kaiserinnenwetter hochgestimmt durch den Park.
Er ist bekannt für seinen Rosengarten mit mehr als 1200 verschiedenen Sorten und seine in ihm stolzierenden Pfauen.
Doch nicht nur die blauen Ziervögel, auch die auf einem kleinen Hügel gelegene Pagode sorgt für den exotischen, im Rokoko beliebten, anglo-chinesischen Stil.
Die Anhöhe bietet eine gute Sicht auf die mit rund zehntausend Stöcken größte Rosensammlung Kontinentaleuropas.
Da der Park ein halbenglisch, halbfranzösischer Garten ist, gehen die formalen Beete nach und nach in Wiesen, Wälder, Wasserfälle und schilfumstandene Seen über.
Zwischen den Wasserpflanzen taucht im Hintergrund ein elegantes, weißes Schloss auf – es ziert eine in Stein gemeißelte Inschrift: parva sed apta – klein, aber für mich passend. Die ganze Anlage ist ja auch nur eine Bagatelle, eine unbedeutende Kleinigkeit…aufgrund einer Wette zwischen Marie-Antoinette und ihrem Schwager, dem Comte d’Artois 1775 in nur 64 Tagen erbaut!
Vögel zwitschern, Frösche quaken, aus der Ferne des heißen Sommernachmittages wummern elektrisierende Techno-House Klänge. Marie-Antoinette, die Rokoko It-Queen hätte es geliebt, Schampus geöffnet, angefangen zu tanzen…von einer royalen Pop-Up Party Location zu anderen – von Bagatelle nach Trianon and so on…Château–Hopping.
Was als absolutistischer Scherz begann wurde zur bekannten Wette – kurz vor Abreise des Hofes zur Jagdsaison nach Fontainebleau (wohin ich euch auch bald noch führe) forderte Marie den Grafen Artois heraus, zwei Monate später zur Rückkehr eine Fête en petite-maison für sie in Bagatelle auszurichten, was angesichts des verfallenen Gebäude inmitten eines Waldes unmöglich erschien. Doch Artois gewann die Wette, deren Einsatz 100.000 Livree betragen haben soll. Die Lagepläne von Schloß und Park wurden in einer Nacht vom Architekten Bélanger gezeichnet, Baumaterial, das auf den umliegenden Straßen nach Paris transportiert wurde, beschlagnahmt. Mehr als neunhundert Arbeiter wirkten zwei Monate Tag und Nacht an der Umsetzung des ländlichen Arkadiens. Die Königin unterwarf sich dem Verlust, wie es hieß, mit Vergnügen.
Weiter geht es in das Château de Malmaison, etwas westlich von Paris. Es war der Wohnsitz von Kaiser Napoleon und Josèphine. Offiziell hielt das Kaiserpaar zwar im Palais de Tuileries Hof, doch Malmaison wurde zu ihrem privaten Rückzugsort.
Die Lage von Malmaison mit seinen sich fast bis zum Fluss ausdehnenden bewaldeten Hügeln und weitläufigen Rasenflächen war ideal für die Anlage von Blumengärten und das war Napoleons kapriziöser erster Frau wichtig; sie war geradezu besessen alle damals bekannten Rosen in ihrem Garten erblühen zu lassen – eine Kaiserin auf Pflanzenjagd.
Da die ehemaligen Adelssitze während der Französischen Revolution enteignet worden waren stand einer Nutzung durch das Nouveau Regime nichts im Wege.
Nach der Scheidung von Napoléon (Grund: nachdem Josèphine zwei Kinder gebar, konnte sie keine weiteren bekommen, worauf er sich einen neuen belly suchte) wurde Malmaison zu Josèphine´s Hauptresidenz. Sie widmete sich fortan noch mehr ihrer Passion. Make Roses, not war. Durch sie wurde Frankreich, zeitgleich zur züchterischen Explosion abgehärteter alteuropäischer mit sinnlich duftenden zarten asiatischen Rosen, zum Zentrum der Rosen. In ihrem Todesjahr umfasste ihr Rosarium rund 250 Rosensorten – alle erhältlichen ihrer Zeit.
Es war eine der größten Rosensammlungen des beginnenden 19. Jahrhunderts. Vergleichbar nur mit einer der ältesten Rosensammlungen Deutschlands in Kassel Wilhelmshöhe, deren blumige Motive by the way die Bluse meines Titelbildes schmücken.
Heute ist in Malmaison noch immer ein Rosengarten zu besichtigen, doch leider nicht mehr in der Blüte seines berühmten Vorbildes.
„Es gibt Augenblicke, in denen eine Rose wichtiger ist als ein Stück Brot“. Zitat von Rainer Maria Rilke
Immer wieder beeindruckend sind Ihre Berichte.
Schön, daß Sie uns teilhaben lassen.