78°92′ nördliche Breite, 11°90′ östliche Länge
Es fuhr ein Zug nach, nein – in Nirgendwo… genauer in Ny-Ålesund. Hier ist alles am nördlichsten: Nördlichstes Postamt der Welt, Nördlichstes Hotel, Nördlichster Hafen und und…mit seiner geografischen Breite von 79°N ist Ny-Ålesund die nördlichste Siedlung der Welt, der letzte Grenzort zwischen dem Festland Norwegens und dem Nordpol, für mich der erste Berührungspunkt mit der Zivilisation seit einer Woche. Na ja so halbwegs – da es vornehmlich der Forschung dient, gilt für einen Radius von 20 km „radio silence“, Funkverbot für Sprech- und Datenfunk sowie für Bluetooth/WLAN.
Ursprünglich 1916 als Bergbausiedlung gegründet, die Lok mit Ihren Gleisen die nach einigen Metern im feuchten Gras der Tundra enden sind noch ein letztes Relikt dieser vergangenen Epoche, ist es heute ein Zentrum für internationale Klima- und Polarforschung.
Auch früher diente der Ort schon als Treffpunkt von Forschern und war Ausgangspunkt für abenteuerliche Nordpolexpeditionen.
Es wurden immer mehr, dass sogar in den 1930ern das Nordpol Hotellet errichtet wurde.
Aus dem Gästebuch des Hotels Nordpol „Ankunft in Kingsbay am 03. Juli 1936 mit der „Polarbjörn“ aus Tromsö. Abfahrt am 8. Juli mit der „Lyngen“ Richtung Norden nach 5 herrlichen und unvergesslichen Tagen als Gast bei Frau Borgen. Ich glaube, dass das nördlichste Hotel der Welt bald zum Besten der Welt wird.“ Henrik Kauffmann, dänischer Forscher, 1936
Generell befindet sich in Ny-Ålesund die größte Zahl alter Bauten Svalbards, eine Ansammlung von farbigen Holzhäusern, die teilweise noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammen. Überreste menschlicher Zivilisation aus der Zeit vor 1945 sind auf der ganzen Inselgruppe denkmalgeschützt.
So auch der Amundsen-Luftschiffmast, welcher als Ankerplatz für die Zeppeline Norge und Italia, die von hier in den 1920ern gestartet sind, gebaut wurde.
Im unteren Teil trägt der Mast eine entsprechende Gedenktafel: Who for the first time in history flew over the north pole…
An dem Denkmal für den norwegischen Polarforscher Roald Amundsen (1872-1928) erinnere ich mich an seine spektakulären Dornier-Wal (das berühmteste Flugboot seiner Zeit) Flüge 1925 weit nordwärts und dann die legendäre Fahrt von 1926 mit dem Luftschiff Norge von Ny-Ålesund aus über den Nordpol.
Die Amundsenvilla wurde 1918 als Sommerunterkunft für ihn gebaut. Später wurde sie als Nordpolar Bar genutzt.
Bald soll es übrigens ein Pop-up Hotel mit Bar am Nordpol geben – Glamping unter Polarlicht.
Heute ist das Ort am Ende der Welt wie beschrieben eine Wissenschaftssiedlung der Arktisforschung mit dem Schwerpunkt Atmosphäre und Ozonschicht.
Es werden aber auch geologische, meeresbiologische und glaziologische Arbeiten durchgeführt. Es gibt 12 Forschungsstationen aus verschiedenen Nationen (Norwegen, Deutschland, Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Italien, Indien, Südkorea, China). Insbesondere letztere möchte sich auch hoch im Norden ganz besonders repräsentativ vertreten wissen,
STOP! Polar Bear Danger – es ist Gesetz, dass niemand ohne Gewehr die Insel durchstreifen darf. Eines der wenigen Tiere die in der Nahrungskette noch über dem Menschen stehen ist hier zuhause. Obwohl sein Reich die (noch) vergletscherten 60% der Inselgruppe sind, lässt er sich auch am Ortsrand gelegentlich blicken.
Weniger gefährlich, als dem Menschen dienlich sind die über dem Sommer in Zwingern gehaltene Schlittenhunde. Arktische Tristesse.
Noch ein letzter Blick auf den alten Bergwerkszug, der zum Transport der Kohle von der Grube zur zum Verladekai eingesetzt worden ist.
Wie seine Gleise führen auch die einige Meter langen Straßen hinter dem Ort ins Nichts. Es ist das erste Mal, dass ich mich auf Reisen freue zurück auf dem Festland in ein Auto zu steigen und theoretisch Tausende Kilometer fahren zu können. Europa endlos.
Aber jetzt geht es erstmal weiter mit dem Schiff nach Grönland! Da Svalbard und Grönland im Tertiär noch zusammen waren, sind dort die gleichen Gesteinsschichten zu finden. Aber bestimmt auch noch viel mehr. Die „Ländersammlerin“ in mir ist gespannt.
Super schöner Beitrag. Ich würde auch gern mal dort im Hotel übernachten. Oder meine Tochter Roma überreden, dort ein Restaurant zu eröffnen, ist doch der Trend: Sternegastro im Nirgendwo. Übrigens habe ich von dort einen Geburststagsbrief bekommen. Vom nördlichsten Briefkasten der Welt.
Toll, was Sie so alles unternehmen und erfahren.
Bereichert Ihr Leben ungemein.
Weiterhin alles Gute und liebe Grüße
Schön wieder von Ihnen zu hören – ich hoffe sehr das ich auch ihr Leben mit meinen Posts etwas bereichere…
So brauch es dann selbst in der nördlichsten Siedlung der Welt eine Bar. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, manchmal braucht er auch einen Gin-Tonic, natürlich auf Polareis.