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54° 57″ nördliche Breite, 8° 19″ östliche Länge

Endlich war es soweit – auf dem blauen Autozug über den Hindenburgdamm auf die Insel. Während der Fahrt kam mir plötzlich ein Song aus den 00er Jahren in den Sinn:
Tides that I tried to swim against
Have brought me down upon my knee
s…
Come out upon my seas
Cursed missed opportunities am I
A part of the cure
Or am I part of the disease, singing
You are, you are…
And nothing else compares…
You are, you are Home, home, where I wanted to go
Home, home, where I wanted to go…

aus Clocks, Coldplay 2002

Quick Check-Inn in meiner Seeheimat und überrmutberauscht ans Meer – missed you so much

Heute, 13:28, am Weststrand

Wohne fast direkt am Roten Kliff, einer 30 Meter hohen Steilküste, an der zum offenen Meer gelegenen Westseite zwischen Wenningstedt und Kampen. Etwas nördlich liegt die höchste Erhebung der Insel, die etwa 52,5 m hohe Uwe-Düne, die im Gegensatz zur eiszeitlich entstandenen Abbruchkante des Kliffs aus postglazialer Ablagerung von Dünensand entstanden ist. Vor etwa 120.000 Jahren lagerten Gletscher mächtige Massen  Gesteins ab, das zu den vier Geestkernen wurde, die heute die Hauptmasse der Inselmitte bilden und nicht durch marine Sedimentation entstanden sind.

„Der größte von ihnen,… der ursprünglich etwa zehn Kilometer weiter nach Westen reichte, bildete auf Grund des steigenden Meeresspiegels der Nacheiszeit und durch Küstenerosion eine Abbruchkante aus. Der rostrote Geschiebelehm, der dem Kliff seinen Namen gab, erhielt seine Färbung durch die Oxidation eisenhaltiger Bestandteile. Die aus dem Roten Kliff herausbrechenden Gesteine wie FeuersteinRhombenporphyr oder Rapakivigranit lassen noch heute eine exakte Bestimmung ihrer Herkunft zu“. (Wikipedia) „Aber mich von Herzen zog es nordwärts wie magnetisch Eisen“. Da geht es mir wie De la Motte-Fouqué, welcher einst diese Zeilen schrieb.

Jahrhundertelang diente diese markante Steilkante der Schifffahrt als Erkennungsmerkmal der Insel. Bereits auf der Seekarte von A. Haeyens 1585 war das Kliff gut erkennbar.

Das Rote Kliff ist seit jeher durch Sturmflut und Erosion erheblich gefährdet. Zuletzt kam es durch die Sturmfluten im Herbst und Winter 2019/20 zu starken Abbrüchen und den Verlust von mehreren Metern. Seit über vierzig Jahren erfolgen Sandvorspülungen am gesamten Weststrand der Insel gegen den Landverlust. Dadurch ist das Kliff größtenteils nicht mehr sichtbar, sondern durch mit Strandhafer bewachsene vorgelagerte Dünen bedeckt. Heute wehte der Wind nur mit 31 km/h aus WNW. Die Abendsonne hat eine Wolkenlücke entdeckt und lässt das Kliff noch einmal warm glänzen.

Arndt von Bohlen und Halbach, letzter Spross einer deutschen Industriellen Familie, sagte, am Ende seines Lebens als Jetsetter, man fährt nach Sylt, wenn man ausgeglitzert hat. Dann wäre er aktuell am richtigen Ort: keine Partys, keine DJ´s, keine Bars, der legendäre Rote Kliff Club hat geschlossen. Sperrstunde um 22:00. No White Lines. Wo sonst auf der Whiskeymeile die Kühlerfiguren der Luxuskarossen allabendlich glitzern, leuchten jetzt „nur“ die Sterne in der frühsommerlichen Nacht.

Die Dämmerung dauert bis Mitternacht, bis sie sich fast unmerklich in Mondhelle verwandelt. Man mag noch nicht schlafen. Die Regenpfeifer schwärmen auch noch über die Heide. Geruch von Salz, von Tang, von Heu...“ Max Frisch

Und von Heckenrosen, jetzt Ende Mai. Ich atme tief ein und fühle mich am „richtigen“ Ort, angekommen: beheimatet.

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