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Bei meinem Trip in die Hauptstadt habe ich als Nachtschwärmerin unlängst nicht nur Cocktails unter Neonröhren getrunken, sondern auch Windowshopping gemacht. Das war auf jeden Fall günstiger als die Drinks mit Twist im hippen Kink in Mitte.

Zur Eröffnung des neuen Quadranten verwandelte das Kaufhaus des Westens vom 18. Oktober bis 14. November mit „Senses of KaDeWe“ seine Storefront in eine multisensorische Experience. Jedes Schaufenster des Berliner Department-Stores spiegelte in einer Installation einen der fünf Sinne wider.

Beginnen wir mit TOUCH – Besucher konnten Gegenstände greifen, halten, probieren, erleben – und – wir sind immerhin noch in einem Kaufhaus – kaufen, dabei wurden ihre Hände getrackt.

Zu HÖREN gibt es auch immer etwas in einem Kaufhaus, das Soundlevel verändert sich über den Tag mit der wachsenden und fallenden Anzahl an Kunden.

Damit man zu jeder Tages- und Abendzeit gut SEHEN kann, wurden über die Dekaden mehr als eine halbe Million Glühbirnen im KaDeWe installiert. Die älteste stammt von 1923 aus den Roaring Twenties. Diese original Schaufensterleuchte wurde erst kürzlich bei den Renovierungsarbeiten entdeckt und wieder freigelegt.

In der Menue Collage ging es um SCHMECKEN – in der legendären Feinschmeckeretage im 6. Stock, übrigens die zweitgrößte weltweit, gibt es unzählige Restaurants und Food Counters. Als erstes eröffnete 1907 der Teesalon.

Auch zu RIECHEN gibt es immer etwas, die Produkte auf den unterschiedlichen Etagen verströmen jeweils ihren spezifischen Duft, sei es Parfüm, Leder, Cafe, das frischgebackene Brot der hauseigenen Konditorbäckerei und und und…

Im „Kaleidoskope“ Fenster konnte man die Vielfalt und Unterschiedlichkeit an Materialien SEHEN, die im Store verbaut wurden. Das älteste noch bestehende Material findet sich in den Treppenhäusern aus dem Gründungsjahr 1907: Archeology of Retail.

Das Wine Archive stand für TASTE und symbolisierte die ganze Geschmacksvielfalt des KaDeWe. In der Feinschmeckeretage werden über 4600 Weine (still und sparkling) angeboten! Darunter auch Raritäten wie ein Rheingauer Riesling von 1864. Ein Schlaraffenland für Erwachsene.

In „Climates of KaDeWe“ ging es nochmals um FÜHLEN, eine Videoinstallation simulierte verschiedene Temperaturzonen im Haus, von -60°C im Schockfroster bis hin zu 200°C im heißen Backofen.

Die Fensterinstallationen „Senses of KaDeWe“ sind in enger Zusammenarbeit mit dem Design- und Architekturbüro OMA entstanden, die ebenfalls für den Masterplan des KaDeWe Umbaus verantwortlich zeichnen.

Seit 2015 arbeitet Rem Kohlhaas Büro OMA an Neuordnung und Umgestaltung des berühmten Kaufhaus des Westens. Kürzlich wurde die erste der vier zentralen Rolltreppenanlagen fertig, die als Fixpunkte die Orientierung verbessern sollen.

aus Piranesi, Photo: Hamburger Kunsthalle/bpk

Meine haben sie in ihrer an Piranesi erinnernden Gegenläufigkeit eher vermindert, aber auf eine schöne Art und Weise.

Noch spannender als die mit Edelholz verkleideten Treppenläufe fand ich allerdings die zehn Schaufenster, in denen OMA die fünf menschlichen Sinne inszenierte. Nie war es spannender, sich das KaDeWe nur von außen anzusehen.

Es ist die alte Mischung aus Ehrfurcht und Verlorenheit, die in den Gesichtern der Käufer steht, und die Tafeln beiderseits der Rolltreppen, auf denen die Spezialabteilungen des Hauses verzeichnet sind, zerstreuen dieses Gefühl nicht wirklich. Sie dienen nicht, jedenfalls nicht allein, der Orientierung. Sie lassen sich auch als Enzyklopädien der Warenwelt lesen, als das Versprechen, auf sechs Etagen alle Schätze der Erde zu finden…eine Wunderkammer, vollgestopft mit Kunst und Krempel, Kuriosa und Kalorien, halb Marktplatz, halb Museum. […] Immer waren die Warenhäuser auch Ausstellungshallen, in denen die bürgerliche Welt sich selbst mit ihrer schier grenzenlosen Potenz zu überwältigen suchte.“

Heinrich Wenig, FAZ, 24.02.2007

Auf meiner Berlin – Paris Route besichtigte ich gleich am nächsten Tag eine weitere Kathedrale des Konsums: La Samaritaine.

Es wurde ebenso aktuell von Stararchitekten saniert, in diesem Fall Sanaa aus Japan. In seiner neuen sanft gewellten Glasfassade spiegeln sich die historischen Nachbargebäude. Es steht emblematisch für Orte der (materiellen) Träume, der Sehnsüchte und der besonderen Erlebnisse, eine Luxuswarenhaus Architektur in den Metropolen dieser Welt, genau wie seine Berliner Schwester, nur noch älter – es gibt es bereits seit 1869: Born to be glamour !

 

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