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75º15′ nördliche Breite, 16º 51′ westliche Länge

Welcome Regenbogen über sonnig-bewölktem Himmel, Robbenköpfe die ab und an aus dem Eiswasser schauen – ein verheissungsvoller Auftakt. „Tikilluarit“ – willkommen in Grönland.  

Vor mir – nicht kartographiertes Meer und Land. Terra incognita: Entdeckerland.

An der Meeresoberfläche ist eine leichte Dünung sichtbar; es ist fast windstill. Auf dem Meer driften Eisbrocken und kleinere Eisberge. Die Sicht ist gut, die Stimmung an Bord noch besser. Wir befinden uns auf einer Breite von 74°52′ Nord und haben die Shannon-Insel querab.

Shannon, eine heute unbewohnte Insel, liegt 12 km vor der Ostküste Grönlands und gehört bereits zum Gebiet des Nordost-Grönland-Nationalparks. Die Insel ist 57 km lang und bis zu 46 km breit. Grönland selbst ist die größte Insel der Welt. 50 mal so groß wie ihr Mutterland Dänemark. Die sehr isolierte Ostküste ist 2.700 Kilometer lang, die ganze Nordosthälfte wird vom größten Nationalpark der Welt eingenommen, er bedeckt mit fast 1 Mio km² rund 45% von Grönland. Seltsamerweise nennen die Grönländer ihre Insel Kalaallit Nunaat – Land der Menschen. Insgesamt leben nur rund 56.000 auf Grönland, fast alle davon an der Westküste. Das ergibt eine Bevölkerungsdichte von 0,0(25) Bewohner pro km².

Südlich von Shannon liegt, hervorgerufen durch regelmäßige Winde, die das Packeis vom küstennahen Festeis forttreiben, eine der größten Polynyas Ostgrönlands, eine ausgedehnte, offene Wasserfläche im arktischen Meereis. Sie kann eine Fläche von mehreren Tausend Quadratkilometern erreichen. Reste von Siedlungen der Thule-Kultur in dieser Region deuten darauf hin, dass die Polynya seit Jahrhunderten stabil und von den Inuit als Jagdrevier für Robben und Wale genutzt worden ist.

Die Vegetation der Shannon-Insel ist eine hocharktische Tundra. Diverse Vögel brüten hier in aller Ruhe und auch die Arctic Five inklusive dem hier Angalatooq, der große Wanderer, genannten Eisbär, fühlen sich zuhause.

Der Name „Shannon“ bezieht sich auf HMS Shannon, eine Fregatte der Royal Navy, auf der der britische Polarforscher Douglas Clavering gefahren ist und 1823 die Insel entdeckte. Bestimmt erinnert ihr euch noch an die auch nach ihm genannte Clavering Ø, wo ich mein Eisbad nahm.

Wir geraten nach und nach in Gewässer, wo größere Schollen liegen. Irgendwann taucht der größte Eisberg auf, den wir auf dieser Reise bisher gesehen haben (ca. 400 x 700 m, 30 bis 40 m hoch). Schnell ist der Entschluss gefasst, ihn und die umliegende Eiswelt mit dem Zodiac zu erkunden. Das Fahren durch die Eisberge ist Chefsache – am Steuerstand des Schlauchbootes der Kapitän höchstpersönlich.

Eisberge sind für Schiffe gefährlich, da nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs sichtbar ist. Der unter Wasser liegende Hauptteil kann Ausläufer in wuchtigen Formen haben. Darum müssen Schiffe einen Sicherheitsabstand einhalten, da es bis heute keine Technik gibt, mit der man vorausberechnen könnte, wie groß und wie geformt ein Eisberg unter Wasser ist. Das größte mit einem Eisberg zusammenhängende Schiffsunglück war der Untergang der Titanic im April 1912.

Kapitän Engeldrum meinte jedoch es war weniger der Eisberg Ursache, sondern die zu schnelle Fahrt im Nebel. Die Reederei wollte um jeden Preis mit der Titanic einen Rekord als schnellstes Schiff erzielen. Doch Schluß mit der Katastrophengeschichte – ganz langsam und achtsam schippert uns Engeldrum bei bester Sicht durch die Eisgiganten.

Grönland hat überaus große Eisvorkommen. Der bis zu 3.000m mächtige Eisschild bewegt sich an den Küsten zum Meer und lässt oft Eisberge von mehreren Kilometer Länge entstehen.

lIm allgemeinen entstehen sie dadurch, das große Stücke eines Gletschers abbrechen, die Gletscher kalben.

Eisberge bestehen aus Süsswasser mit Lufteinschlüssen. Sie können sich auch aus auftürmendem Packeis und Eisschollen bilden, sie enthalten dann geringere Mengen an Meersalz.

Wenn das gesamte Inlandeis schmelzen würde, könnte der Wasserspiegel weltweit um 6-7 Meter steigen…Im Weltatlas der Klimadystopien kollabiert der Grönländische Eisschild bereits bei einer globalen Erderwärmung von 1,5 bis unter 2,0 °C. Das Pariser Klimaziel liegt bei 1,5 °C!

Ich bin heute gefragt worden, warum einige meiner Eisphotos so blau sind? Ich antwortete weil es altes Eis ist.

Besser als ich kann das Prof. Angelika Humbert vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung erklären: „Gletscher entstehen, indem im Winter mehr Schnee fällt als im Sommer schmelzen kann. Der Neuschnee verdichtet sich im Laufe des Jahres; es entstehen Eiskristalle, zwischen denen noch Luftblasen sitzen. Mit der Zeit verschwinden diese, und der Firn, die Schicht unter dem Neuschnee, wird zu Eis. Blankes Eis filtert ein bestimmtes Spektrum des Sonnenlichts so, dass nur noch Blau übrig bleibt.“

Eisberge überdauern im Schnitt etwa drei Jahre, besonders große Exemplare auch bis zu 30 Jahre.

Besonders große freischwimmende Eisberge werden ice island genannt.

Sprachlos im mer de glace.

„Die große Meerflut setzt mich in Bewegung. Setzt mich in Trift, ich treibe, wie die Alge mit dem Fluss treibt, das Himmelsgewölbe bewegt mich und die gewaltige Luft bewegt meinen Sinn und wirft in den Staub mich: Ich bebe vor Freude“. Lied und Zauberformel einer Inuitfrau namens Uvavnuk, 1922

Ihr zeigte sich eines dunklen Winterabends plötzlich eine leuchende Feuerkugel am Himmel, welche zur Erde niedergefahren kam, und zwar gerade auf die Stelle zu wo sie hockte. Seit diesem Augenblick war sie eine Geisterbeschwörerin. Vor vielen Jahren ist auch mir ein silberhell leuchtender Kugelblitz durchs geöffnete Fenster meiner Mansarde entgegengekommen…

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