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47°22′ nördliche Breite, 8°33′ östliche Länge

Frauenbadi am Stadthausquai

Nach den letzten beiden hochkulturellen Posts – heute mal ein erfrischender Sommerquickie.

Beim Stop-over nach Bella Italia realisierte ich, das Zürich nicht nur die Stadt der Banken, sondern auch der Bäder ist. Gemessen an der, für eine Weltmetropole recht überschaubaren, Einwohnerzahl hat keine Stadt der Welt eine höhere Bäderdichte. 25 „Badis“ an der Zahl, davon elf entlang der Limmat und am Ufer des Zürichsees. Eines der schönsten liegt mitten in der Stadt: die Frauenbadi am Stadthauskai.

1888 wurde sie als „zweckmäßige Badeanstalt für das weibliche Geschlecht“ im Jugendstil gebaut. Das orientalisch angehauchte Kastenbad mit seinen vier verspielten Eckpavillons war damals streng abgeschirmt. Ein Dach und Holzwände sollten die Frauen vor voyeuristischen Blicken schützen, nahmen ihnen aber auch die Sicht auf Altstadt, See und Alpenpanorama. Mittlerweile ist das Dach oben weg, und auf einem Ponton im See sonnen sich Frauen mitten in der Stadt – einige auch oben ohne.

Seit der Reformation galt Baden als unanständig und war insbesondere Frauen verboten. Mit dem Zeitalter der Aufklärung führte die Stadt Zürich dann langsam (für Frauen erst 1888) das „ordentliche“ Baden (nach Geschlechtern getrennt, nicht mehr nackt und nicht in freien Gewässern) – ein. Damit löste sich die Stadt etwas von der zwinglianischen Körperentfremdung. Im Archiv des Sportamtes ist nachzulesen, dass der Reformator nicht viel vom Baden hielt: „Schwimmen habe ich Wenigen nützen gesehen, wiewohl es zu Zeiten lustig ist, die Glieder wie ein Fisch im Wasser strecken und ein Fisch zu werden.“ Das türkisblaue Flusswasser im Badipool war so klar, das ich ganz viele Fische um mich herumschwirren und ihre Runden drehen sah – eine Fischfrau unter Fischen.

Mein Mann konnte es nur schwer ertragen, das ihm in dieses Kleinod kein Zutritt erlaubt war, ob wegen der Architektur oder der Odalisken bleibt fraglich. Umso mehr erfreute es ihn, als wir spät Abends nochmals am Ufer entlangschlenderten und die Badeanstalt als Barfussbar zu einer auch für Männer geöffneten Partylocation geworden ist.

Rund um den illuminierten Pool der Freiluft Bar sind Palmen, Stühle und Tische aufgestellt.

Im Hintergrund läuft dezente Lounge-Musik, es gibt coole Drinks und kleine Snacks. Alle Gäste sind gechillt und barfuss, denn „aus Respekt gegenüber den Frauen laufen wir hier nicht mit Straßenschuhen über die Liegeflächen“, erklärt der Inhaber der mittlerweile als so eine Art Secret Bar avancierten Kultlocation.

Inmitten der im Limmat reflektierenden Lichtern der Altstadt schauen wir auf die Türme des Großmünsters und der Wasserkirche.

Einmal im Jahr im August startet hier das Limmatschwimmen, dann steigen Frauen und ausnahmsweise auch Männer am Frauenbadi in den Fluss und lassen sich von der Strömung bis zum Badi Oberer Letten treiben, mitten durch die Innenstadt was sonst leider verboten ist. Und wer auf der Strecke durstig wird kann sich unmittelbar laben – das aus dem Zürichsee direkt in die Limmat strömende Wasser ist so sauber das man es trinken kann !

Limmatschwimmen

In Zürich haben nicht nur Frauen ihr Refugium, auch Männer können ganz unter sich sein im Freibad am Schanzengraben.

Die 1864 erbaute Kastenbad-Konstruktion aus Holz ist das älteste Bad Zürichs und bis heute tagsüber Männern vorbehalten, abends öffnet es auch für alle Geschlechter (heutzutage gibt es davon ja bekanntlich mehr als zwei…) und verwandelt sich in die Rimini Bar. Die Badeanlage liegt, wie passend für das vermeintlich „starke Geschlecht“, in einem Wehrgraben aus dem 17. Jh und ist umgeben von der alten Stadtmauer. 

Weniger symbiotisch, als hedonistisch, entschied ich mich dann aber doch tagsüber für einen gemeinsamen Besuch im Seebad Utoquai, wo nur die oberen Sonnenterrassen teilweise nach Geschlechtern getrennt sind. Wobei ich dem Gedanken sich gelegentlich in getrennten sacred spaces aufzuhalten um dann abends in shared spaces wieder gemeinsam zu feiern durchaus etwas abgewinnen kann.

Seebad Utoquai

Schon seit über 120 Jahren bietet der hölzerne, im maurischen Stil erbaute, „Badepalast“ Utoquai ein erfrischendes Bad im See. Wer mag kann in diesem zweiteiligen Kastenbad vom Sprungbrett direkt ins Wasser springen und zu einem der Pontons schwimmen. Obwohl ich das feuchte Element über alles liebe, bin ich doch eher wasserscheu und bevorzuge, ganz im Stil der Damen des 19. Jh, den Einstieg über die Holzstufen.

Während sonniger Nachmittagsstunden auf dem sanft schaukelnden Ponton fand ich in meinen Sommergroove: One of these mornings you gonna rise up singing
Oh you spead your wings and you take to the skies… summertime when the livin‘ is easy

Im Herz von Züri – egal ob im Lago Zürich oder in der Limmat: immer im Fluss – 24h.

Heute bin ich bereits in der Toscana – schwimme am frühen Morgen zwischen Lavendel und Weinbergen, ganz alleine, nur umhüllt von der zweiten Haut des kühlen Wassers: Frei-Schwimmerin.

Im August komme ich vielleicht zum Limmatschwimmen, es war schon immer mein Traum mal durch den Canal Grande in Venedig zu schwimmen, jetzt wird es eben der Canal Limmat.

Water has many moods (waves) and colors – swimming is my meditation.

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