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34°- 47° südliche Breite

Long no hear – oder besser: read – aber ich war auf Reisen und da lieber 24h mit allen Sinnen am Erleben als vorm Laptop. Kia ora – übersetzt: Hallo, alles Gute, viel Glück!

Vom Wüstenland Dubai – Future of Tomorrow – flog ich ins Wasserland: New Zealand – das Land der langen weißen Wolke: Aotearoa. Über die Entstehung des Namens gibt es mehrere Theorien. Eine bezieht sich auf lenticulare Wolken. Da sowohl Nord- als auch Südinsel für den Südpazifik besonders hohe Gebirgszüge aufweisen erzeugen sie „stehende Wellen“. Durch ständig nachkommende Luft bilden sich die Wolken immer von neuem und es sieht aus, als ob sie stehen bleiben würden. Da Wolken häufig das Erste sind, was von Land auf hoher See, oder wie auf meinem Anflugphoto von hoher Luft, zu sehen ist, gäbe eine Bezeichnung nach diesen ungewöhnlichen Wolken Sinn.

Wolken hin oder her: Leinen los! Starte in Auckland, auf Māori: Tāmaki Makaurau „Eine junge Schönheit mit 100 Liebhabern“. In der grössten polynesischen Stadt der Welt leben 1,4 Millionen Menschen, rund ein Drittel aller Einwohner Neuseelands. Sie wird oft City of Sails genannt, von denen es gefühlt für jeden Bewohner eines gibt.

Neuseeland ist ein Schmelztiegel aus Māori, europäischen, pazifischen und asiatischen Wurzeln. Heute sind ca. 69% der 4,4 Millionen europäischer Abstammung,14,6% Māori, 9,2% Asiaten und 6,9% pazifische Insulaner. Geografisch gesehen leben über drei Viertel der Bevölkerung auf der Nordinsel.

Die multikulturelle Stadt erstreckt sich zwischen 53 inaktiven Vulkanen. Sie prägten die Landschaft indem sie als Inseln aus dem Meer herausragten oder Hügel, Seen oder Lagunen bildeten. Neuseeland liegt am Ende des Ring of Fire. Ein kontrastreiches Land aus Fire and Ice, Vulkanen und Gletschern. Die pazifische Platte schiebt sich jedes Jahr 4 cm mehr unter die östliche Nordinsel. Druck baut sich auf. Fels schmilzt. Heißes Magma entsteht und füttert eine lange Kette von Vulkanen: Volcano factory. So gibt es auf der Nordinsel zahlreiche tätige Vulkane, Geysire und viel fruchtbares Hügelland.

Es heißt, dass die kunstvollen Tā moko (Tatoos, aber mit Kratz- und Schabwerkzeugen) und Tāniko (geometrische Webereien) Geschenke von Rūaumoko, Gott der Erdbeben und Vulkane sind. Sie reflektieren die Narben und Schichtungen des Landes, verursacht durch das Rumpeln von Rūaumoko.

Im Süden wird es kälter, dort sind die Gletscher. Die Insel wird von den Southern Alps durchzogen, deren höchste Erhebung der Mount Cook (3754 m) ist. Zwei Drittel des Landes sind gebirgig. Flüsse, tiefe Bergseen und dichte Regenwälder prägen das Landschaftsbild.

Neuseelands unzählige Welten.

Konnte ich etwas Neues Sehen in Neuseeland? Was auf den ersten Blick vertraut und wie ein Best of europäischer Landschaften anmutet, ist auf den zweiten Blick der oft endemischen Flora und Fauna doch etwas fremder. Vögel, wie Kiwi, Kakapo und Co die nicht fliegen, weil es keine natürlichen Feinde gab, Farnbäume, die in den Himmel wachsen, entspannt(er)e Menschen, die sich Kiwi nennen…Der Name bezieht sich auf dreierlei – den flugunfähigem Nationalvogel, den Exportschlager der grünen vitaminreichen chinesischen Stachelbeere und eben die Pākehā – Neuseeländer britisch/europäischer Abstammung, oder einfach Nicht-Māori.

Im ganzen Land verbreitet ist die teils riesighohe Norfolk Pine. Durch ihr Kreuz an der Spitze wurde sie im südpazifischen Raum zum beruhigenden Zeichen: hier wohnen Christen! Denn bei den Einwanderern herrschte eine gewisse Angst zum Abendessen von kriegerischen Kannibalen zu werden. Dazu wurden, wenn auch viel seltener als die kolonial-rassisitische Panikmache verbreitete, die heute im Museum ausgestellten Mere Pounamu eingesetzt. Es waren schnittscharfe Schlagwaffen meist aus Jade, sowie Standeszeichen; ähnlich wie die Schwerter der Samurai, denen auch besondere Kräfte und spirituelle Macht nachgesagt wurde.

Heutzutage schreiben „Ex-KannibalIinnen“ Kochbücher: Hiakai – Modern Maori Cuisine – mit spannenden Ingredienzen wie Mamaku (schwarzer Baumfarn) usw. Die Autorin und Sterneköchin Fiso bezeichnet sich als Food warrior. Manchmal ändern sich die Dinge auch zum Guten. Bei Gelegenheit werde ich daraus kochen und berichten.

Auf dem Queen Charlotte Trail zwischen Nord- und Südinsel durchstreife ich die einzigartige grüne subtropische Landschaft mit türkisblauem Sund und weißen Stränden. Die Südsee ist nah…

Es wachsen dort über 200 Farne in allen Größen und shades of green: Fernophilia!

Zwischen den urweltlichen Farnbäumen bieten sich wunderschöne Ausblicke auf die immergrüne Buschvegetation des Marlborough Sounds. Ein ausgedehntes Netzwerk an Meeresarmen, die durch den Anstieg des Meeresspiegels und die dadurch verursachte Überflutung von Flusstälern entstanden sind. Im Gegensatz zu Fjorden die aus Gletschern entstanden.

Die Māori Mythologie erklärt die Entstehung auf bildlichere Weise: der polynesische Entdecker Kupe kämpfte einst gegen einen riesigen Oktopus, dabei soll er seine Hand zur Südinsel gestreckt haben damit diese ihn unterstütze. Seine Finger hinterließen tiefe Furchen in der Erde, die sich mit Wasser füllten und nun die Meeresarme bilden.

Für Kapitän James Cook, der Neuseeland 1769 für König George von England in Besitz nahm, waren die Māori ein ungewöhnlicher Anblick. Sie waren größer und kräftiger als die meisten Europäer der damaligen Zeit. Zudem trugen sie Tätowierungen, sogar im Gesicht. Haka, der imposante Kriegstanz, tat ein Übriges um die „pakehas“ einzuschüchtern. Mit weit aufgerissenen, diabolisch verdrehten Augen, bedrohlichen Lauten und ausgestreckter Zunge versuchten die Krieger ihren Gegnern das Fürchten zu lernen. 

Ein Māori-Häuptling unterweist meinen mitreisenden Mann im heute meist eher touristisch als rituell dargebotenen Haka. Es ist eine Art Symphonie, bei der Hände, Arme, Beine, Füße, Stimme, Augen, Zunge und der Körper die vielen Instrumente darstellen und ihre individuellen Expressionen zu einer Aussage vereinigen. Auf dem Introbild tanzte ich…

Wie bereits erwähnt befindet sich Neuseeland im Südpazifik, zwischen 34. und 47. Breitengrad, 1930 km südöstlich von Australien. Es besteht aus der rund 115.000 kmgroßen North Island und der 150.000 kmSouth Island, die durch die Cook Strait genannte Meerenge voneinander getrennt sind. Sie liegt auf den Roaring Fourties, Westwindzone zwischen 40. und 50. Breitengrad, und zählt zu den stürmischsten Meeresstraßen der Welt. Wir durchfuhren sie bei Windstärke 11 mit bis zu acht Meter hohen Wellen. Leider war mir dabei nicht nach Fotografieren. Ahoi!

Neuseeland liegt von Europa aus gesehen auf der anderen Seite des Globus: „Am Ende der Welt“. Doch mehr als 400 Jahre bevor Columbus und der Rest Europas sich Sorgen darüber machten, am Rand der Welt herunterzufallen, reisten Māori, die Wikinger des Südens, in kleinen Meereskanus – Fleet of Waka – von Hawai aus etwa 8.000 Kilometer über den weiten unbekannten Pazifik (Roaring Fourties inklusive) und wurden so die ersten Bewohner von Aotearoa. Damit vervollständigten sie die Eckpunkte des polynesischen Dreiecks: Hawai – Osterinsel – Neuseeland.

Der große Entdecker Kupe, der vor über 1.000 Jahren aus seiner Heimat Hawaiki hierher kam, war der erste Māori, der dieses Land, seit damals das jüngste besiedelte Land der Welt, erreichte.

Erst viel später im 19.Jh. kamen die europäischen PionierInnen. Sie waren mutig, robust und unabhängig. Bevor sie Farmen und Siedlungen gründen konnten, mussten sie das Land roden. Der Isolation (12.000 miles from home) und den Elementen ausgesetzt, mussten sie widerstandsfähig und vielseitig sein. Einfallsreichtum und Erfindergeist haben den Kiwi-Charakter bis heute geprägt.

1840 wurde der Vertrag von Waitangi, ein Abkommen zwischen der britischen Krone und Māori Häuptlingen unterzeichnet. Sie verloren Ihre Souveränität und wurden britische Bürger. Es wurde Ihnen zugesichert ihr Land und ihren Besitz behalten zu dürfen. Doch bald kam es zu Vertragsbrüchen aller Art. Die Gesetzestafel im Te Papa Tongarewa Nationalmuseum wurde erst kürzlich in einer Nacht-und Nebelaktion mit schwarzer Farbe beschmiert um den Text unkenntlich zu machen und gegen jahrhundertelange Enteignungen zu protestieren.

Die britische Krone hat die Vertragsbrüche inzwischen zwar eingeräumt und viele Entschädigungen gegeben, dennoch ist noch lange nicht alles wieder gut.

Fight for your Land, your Sea and Identity! #LAND#FIGHT#PROTEST

Ihre Kultur prägte die Gesellschaft des Inselstaates und erlebt aktuell eine Renaissance. Dem Ethnotourismus sei Dank?!

Māoris sehen Gebäude als ihre Vorfahren. Sie haben daher Arme, Hände, einen Kopf und sprechen zu Ihnen, als ob sie Personen wären. Häuser erzählen Geschichten…

Vor allem die Gestaltung von Oberflächen mit verschiedensten Schnitztechniken steht im Vordergrund, nicht nur als bloße Dekoration, sondern als Teil der baulichen Struktur.

Auch das wegen seiner bienenkorbartiger Form Beehive genannte Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Wellington erzählt (s)eine Geschichte, ebenso wie das graue neoklassizistische Nachbargebäude vor dem zwei handgeschnitzte Statuen stehen, welche die altehrwürdigen Säulen

um die Maori-Kultur als ein wichtiger Bestandteil der neuseeländischen Identität erweitern.

Es gibt übrigens noch eine Theorie für die Entstehung des Namens Aotearoa. Sie übersetzt ihn „Land der langen, hellen Tage“. Durch Neuseelands Lage unterhalb der Tropen dauern die Dämmerungen und Sommertage relativ lang an. Für die polynesischen Entdecker war dies ungewohnt, da sie aus ihrer äquatorialen Heimat nur einen schnellen Wechsel von Tageslicht und nächtlicher Dunkelheit kannten. Rakiura, das südlich der Südinsel gelegene Stewart Island, wird mit „Glühender Himmel“ übersetzt und bezieht sich auf die oft spektakulären Sonnenauf- und -untergänge sowie die Südlichter: Aurora Australis.

Leider habe ich sie, von denen ich bisher, Nordlicht fixiert, gar nicht wußte das sie existieren, nicht gesehen. Vielleicht ein Grund nochmals ans „Ende der Welt“, was trotz fast 24 Stunden Flug nicht aus der Welt ist, zu reisen? Mā te Wā – Bis zum nächsten Mal.

Jetzt geht es erstmal weiter auf der Südinsel zum Weltnaturerbe der Fjordlandschaft. Nebel schwebt zwischen den dicht bewachsenen Bergspitzen. Mit über 200 Regentagen eines der regenreichsten Gebiete der Erde.

Mache eine Scenic Cruise entlang weiter vom Regenwald gesäumter Bergketten, steiler Felswände mit tosenden Wasserfällen. Regenbogen und Delfine (die schwarzen Streifen unter der Wasseroberfläche) inklusive.

Die nebelverhangenen Fjorde des Milford Sounds tauchen mich in eine mystisch-magische Stimmung, Traum und Wirklichkeit verschwimmen wie bei meiner nächsten Exkursion ins Auenland…

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