Seite wählen

Konnichiwa (こんにちは) – bekanntester Gruß auf Japanisch – bedeutet: „Guten Tag“.

„Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren“ (André Gide). Die Küste Südkoreas habe ich aus den Augen verloren – alle Sinne sind auf die Entdeckung Japans ausgerichtet. Insbesondere auf Uta-Nihon.

Sorry, es hat lange mit meiner Fortsetzung gedauert – aber ich musste auch Jahrzehnte warten bis ich endlich hier war. Slowly, slowly – in Ura-Nihon – der Rückseite Japans – ticken die Uhren langsamer. Berge, Wälder, Reisfelder (Wunderschön die uralten Reisterrassen von Hamanoura – Meerblick inklusive). Meine Reise ins sprichwörtliche Hinterland beginnt auf der Insel Kyoshu, eine der drei Hauptinseln von insgesamt 11.000 in Japan.

Die im Pagodenstil erbaute Burg „Tanzender-Kranich-Burg“ in Karatsu – kara (China) und tsu (Hafen), belegt die historische Bedeutung als Hafenstadt für den Schiffsverkehr nach China, ist meine erste architektonische Begegnung. Sie ist wie fast alles (Reisanbau, Schriftzeichen, Kalligraphie, Kampfkünste etc.) in Japan stark von der chinesischen Kultur beeinflusst.

Auch die Kunst der Porzellanherstellung kam ursprünglich 1616 von dort nach Arita – das Meißen Japans. Vor allem der europäische Hochadel schätze das feine Arita-Porzellan, als Handelsware zeitweise mehr wert als Gold und Silber.

Rund um Arita gibt es Porzellandörfer wie Okawachiyama, wo auch heute noch in dem für das japanische Kunsthandwerk typischen Streben nach Vollkommenheit das weiße Gold von Meisterhand ruhig und andächtig verziert wird. Meist in Delfter Blau.

Das Wissen um die erwor­be­nen Tech­ni­ken der Porzellanherstellung war im abgeschiedenen von Bergen, die aussehen wie Tuschmalereien, umgebenen Dorf vor der Konkurrenz gut geheim zu halten. Es wurde zum Zentrum begehrter Wa­ren, die aus­schliess­lich für Sho­gu­ne, Fürs­ten und Kai­ser bestimmt waren.

Noch immer befinden sich die Brennereien mit trep­pen­för­mig ange­leg­ten Hang­öfen am Rande der engen malerischen Gassen.

Meine Zeitreise geht weiter in das alte Samurai-Viertel von Kitsuki, auch Klein-Kyoto genannt.

Die Hanglage der dortigen Adelshäuser ist einzigartig.

Ich habe mir einige dieser prachtvollen Samurai-Residenzen auch von innen angeschaut, auf der Suche nach der besonderen im „Lob des Schattens“ beschriebenen Atmosphäre. Mich begeistert das Wechselspiel von Licht und Dunkelheit, die Shōji genannten verschiebbaren Raumteiler aus milchweißem Papier, die genormten Tatami Matten. Einfach, modular, funktional und doch sooo schön rein und poetisch! Die Häuser verschmelzen über die Veranda mit weit ausladender Verdachung, die Steinstufen und Trittsteine mit dem Garten zu einem Ganzen. Zwischen Haus und Garten, Innen und Außen gibt es kaum eine Grenze. Eine vom Buddhismus beeinflusste Raumgestaltung, in der das alltägliche Leben in die Natur eingebunden wurde, man fühlte sich nicht als Beherrscher der Natur, sondern ordnete sich der Natur unter oder besser: in sie ein.

In den fluiden transitorischen Räumen gibt es außer einer Tokonama (Bildnische) als optischem Mittelpunkt kaum Inneneinrichtung. Detox your life – loslassen und entrümpeln?

Weiter gehts zum Thermalbadeort Beppu. Es dampft und qualmt aus allen Ecken der 3.800 kochend heißen Quellen, Geysire und Fumarolen. Wer sich beim Baden nicht verbrennen möchte nimmt vielleicht lieber ein Onsen. Nirgendwo in Japan gibt es davon so viele wie hier.

Es heisst das 2011 in durch eine Vulkanexplosion in Japan im Pazifischen Ring of Fire sich die Erde schneller dreht, die Tage um 1,xx Mikrosekunden kürzer werden – gut das die Uhren in Ura-Nihon etwas langsamer ticken.

Die rote Färbung der Quelle kommt von Mineralien, die kobaltblaue der Umi Jigoku (Meereshölle) von Bakterien.

Nach Samurai und Baderitual fehlen in meiner Japan Sehnsuchtsliste noch Tempel und Teezeremonie. Here they are. Ich mache einen kleinen Sprung auf die Oki-Inseln zum mitten im Wald gelegenen Takuhi-Schrein, den ich nach einer Wanderung durch den nebelverhangenen immergrün bewachsenen Berghang erreiche. Mystik pur!

Innen werden wir von einem Shinto-Priester zum Tee empfangen und in die Kunst der Kalligraphie eingeführt.

Wie gemalt sieht auch der nächste Schrein aus den ich besichtige. Er ist wie der Takuhi Schrein farbreduziert aus altem Zedernholz und verbindet sich dadurch perfekt mit der umgebenden Natur.

Ich schreite durch das Torii – symbolisches Eingangstor eines Schreins – auf das Shimenawa (geschlagene Taue aus Reisstroh) zu. Sie markieren abgegrenzte Wohnorte der Kami und sollen die Anwesenheit eines Gottes oder einer göttlichen Kraft symbolisieren.

Im 6. Jh. kam mit Buddhismus und chinesischen Schriftzeichen auch die Teekultur nach Japan.

Den Tempelbesuchen folgt die Teezeremonie – sie dient der Erleuchtung durch Satori, die plötzliche Erkenntnis. Mentale Schleier lichten sich, ich bin wach wach – ohne unangenehmen Teein Flash. Das Ritual lebt von seiner komplett ritualisierten Einfachheit und Stille. Ich habe mir Matcha Pulver aus zarten grünen Teeblättern unter Anleitung eines Teemeisters gemörsert. Pulver in eine Schale geben, mit etwa 80°C heißem Wasser aufgießen, mit einem Bambusbesen, Cha-sen, schaumig schlagen, verbeugen, die Tasse 2x im Uhrzeigersinn drehen, trinken, danken, verbeugen…Senchadō – Der Weg des Tees…

Gehe meinen Weg weiter zum nächsten Schrein und bewundere das schlichte Torii vor mir. Es besteht wie alle japanischen Torbögen aus zwei Pfosten und doppeltem Querbalken und ist Symbol für den Übergang aus der profanen in die spirituelle Welt. Die aber hier ausnahmsweise nicht zum Schrein führt, sondern einfach nur in den (heiligen) Wald! Wow.

Ein weiteres Natur Highlight sind die durch Jahrtausende alte Erosionen markant geformten Klippen und Felsformationen der Oki Inseln. Die steil ins Meer hinabfallende Matengai Klippe ist eine der höchsten Meerklippen Japans. Sie erinnert mich an dramatische Szenen aus Rosamunde Pilchers Cornwall Herzkino.

Von pastoraler 1 PS auf moosigen Klippenwiesen wieder zurück zu höherer PS Leistung im urbanen Kontext.

Japan ist ein Land der Rituale – so wird beispielsweise wie unten sichtbar ein neues Auto in dafür pragmatisch mit Pfosten und Seilen abgetrennten Bereich vor Schrein von Shintopriester geweiht.

Das ich ihn dabei photographiere ist unerwünscht, wie an der warnenden Geste des Polizisten erkennbar. Es handelt sich ja um eine heilige Zeremonie…Beim Kauf eines Hauses ist im Kostenvoranschlag meist auch ein Shinto Ritual inkludiert, damit die Erde wieder in Ordnung gebracht wird und schlechte Strömungen durch Priester gereinigt werden. Fernöstliche Tradition und Moderne – Seite an Seite.

Eine ganz andere Form der Fortbewegung findet beim Karatsu Kunchi statt – ein lokales Fest bei dem unzählige Menschen auf Festwagen in Form von Samuraihelmen, Meerbrassen, Drachen, feiernd durch die die schmalen Straßen von Karatsu gezogen werden.

Konbanwa „Guten Abend“.

Hat dir dieser Beitrag gefallen?

Dann teile ihn in den sozialen Netzwerken!